28.05.2025

 „Wir glauben nur, was wir sehen – leider sehen wir nur, was wir glauben wollen“ (Peter Atteslander)
Am 20. Mai 2025 hat das NETZWERK Q 4.0 in Hessen einen inspirierenden Online-Work zum Thema Beobachtung und Feedback in der Ausbildung veranstaltet – gestaltet von Daniela Evermann und Achim Ziegler von der Forschungsstelle des Bildungswerkes der Hessischen Wirtschaft e. V. Gemeinsam mit engagierten Ausbilderinnen und Ausbildern wurden zentrale Fragen der Wahrnehmung und Rückmeldung im Ausbildungsalltag diskutiert und reflektiert.

Wahrnehmung ist selektiv – auch im Ausbildungskontext

Im Austausch wurde schnell deutlich: Unsere Wahrnehmung im Alltag ist nicht neutral. Sie ist geprägt durch Routinen, Vorannahmen und emotionale Reaktionen. Das hat Auswirkungen, besonders in der Ausbildung, wenn Beobachtungen die Grundlage für Beurteilungen und Feedbacks bilden.

Im Austausch wurde schnell klar: Unsere Wahrnehmung dient der Orientierung im Alltag. Sie ist geprägt von Routinen, Vorannahmen und Emotionen. In Ausbildungskontexten hat dies Auswirkungen – besonders, wenn statt Wahrnehmungen Beobachtungen die Grundlage für Beurteilungen und Feedbacks bilden sollten.

Im Rahmen des Works wurden ausgewählte Faktoren analysiert, die unsere Wahrnehmung und Beobachtung beeinflussen können:

  • Selektive Wahrnehmung: Wir nehmen nur Ausschnitte wahr – das Ganze bleibt oft verborgen.

  • Vorinformationen: Informationen zum Verhalten oder früheren Leistungen beeinflussen unsere Wahrnehmung und Beurteilung.

  • Halo-Effekt: Einzelne Eigenschaften (z. B. Freundlichkeit) überstahlen das Gesamtbild – im Positiven wie Negativen.

  • Logische Effekte: Wir verknüpfen Eigenschaften, die nicht zwangsläufig zusammengehören, z. B. Unpünktlichkeit und Unzuverlässigkeit.

  • Projektion: Eigene Stärken oder Schwächen spiegeln wir unbewusst in anderen wider.

  • Übertragungs-Effekt: Eigene Erfahrungen und Einstellungen prägen die Beurteilung von Verhalten.

Achim Ziegler betonte: Beobachtung ist immer in einen sozialen Kontext eingebunden und niemals objektiv. Gerade deshalb ist es wichtig, Beobachtung bewusst, methodisch fundiert und transparent zu gestalten.

Konstruktives Feedback – mehr als Rückmeldung

Feedback ist eines der wichtigsten Werkzeuge in der Ausbildung. Es kann motivieren, Orientierung geben und Entwicklung anstoßen – wenn es gut gemacht ist. Im Q 4.0 Work wurde erarbeitet, was gutes Feedback auszeichnet:

  • Beschreibend statt bewertend: Fokus auf beobachtbares Verhalten – nicht auf Charakter oder Persönlichkeitsmerkmale.

  • Zeitnah und kontextbezogen: Feedback sollte möglichst unmittelbar erfolgen und auf konkrete Situationen bezogen sein.

  • Konkret und nachvollziehbar: Allgemeine Aussagen („Du bist sorgfältig“) helfen nicht weiter. Besser: „Ich habe gesehen, dass du dir zunächst einen Überblick über die Aufgabe verschafft und einen Plan zum Vorgehen entwickelt hast. Daraus habe ich geschlossen, dass du sorgfältig gearbeitet hast“.

  • Dialogisch statt monologisch: Feedback ist keine Einbahnstraße. In einem wirksamen Feedback wird zugehört, es werden Fragen gestellt und Austausch ermöglicht.

  • Wertschätzend und stärkenorientiert: Erfolge benennen, Potenziale erkennen – das motiviert und stärkt die Selbstwirksamkeit.

Ein besonders eingängiges und praxistaugliches Modell, das im Workshop diskutiert wurde, ist die WWW-Formel:

Wahrnehmung: Was habe ich konkret beobachtet?

Wirkung: Welche Wirkung hatte dieses Verhalten auf mich/auf das Team?

Wunsch: Was wünsche ich mir zukünftig in ähnlichen Situationen?

Daniela Evermann unterstrich: Feedback ist mehr als nur eine Rückmeldung geben – es ist ein strukturierter und kommunikativer Prozess, der auch den passenden Rahmen braucht. Ein ruhiger Moment, ein geschützter Rahmen und eine zugewandte Haltung machen den Unterschied.

Fazit: Beobachten, reflektieren, gestalten

Der Q 4.0 Work hat eindrucksvoll gezeigt: Wer in der Ausbildung bewusst beobachtet und gezielt Feedback gibt, trägt entscheidend zur Qualität und Wirksamkeit des Lernprozesses bei. Es lohnt sich, die eigenen Wahrnehmungs- und Beurteilungsmuster zu reflektieren, Feedback gut vorzubereiten und als Dialog zu gestalten. So wird Feedback zu einem kraftvollen Instrument, das Vertrauen, Entwicklung und nachhaltige Lernerfolge in der Ausbildung stärkt.

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