16. Mai 2024

Johannes Schenk ist Leiter Ausbildung & Strategische Personalentwicklung bei der BayWa AG. Im Interview verrät er uns, was die Ausbildung bei der BayWa AG besonders macht, warum eine gute Feedback-Kultur wichtig ist und welche digitalen Tools in der Ausbildung unverzichtbar sind. 

Wie digital sind Sie?

Auf meinem Schreibtisch liegt in der Regel kein Blatt Papier. Ab und zu ein Post-it für eine kurze Notiz. Ich nutze gerne digitale Tools, sowohl privat als auch beruflich. Zum Beispiel MICROSOFT Teams in Kombination mit TO DO, die Webapplikationen von Outlook und zur Dokumentation OneNote.

Auch im Team haben wir die Arbeit mit Kanban Boards gefördert. Wir weisen uns gegenseitig Aufgaben zu, so dass jeder zu jederzeit den aktuellen Stand der Tasks hat. Und ich kann vor allem sehen, wer an welchem Thema gerade arbeitet.

Gibt es ein digitales Tool, ohne dass Sie persönlich nicht mehr auskommen?

MICROSOFT TO DO nutze ich beruflich wie privat. Ich bin zudem ein großer Fan des Online-Whiteboards Miro. Das ist sehr gut geeignet für virtuelle und hybride Meetings. Hat man dann auch noch die passenden Endgeräte wie Microsoft Surface Hub oder ähnliche Touchbildschirme, dann kann jeder in Echtzeit aktiv teilnehmen und kollaborativ zusammenarbeiten.

Auch das Online-Interaktions-Tool wie Mentimeter bietet eine gute Möglichkeit, um Stimmungsabfragen unkompliziert durchzuführen und Partizipation zu schaffen.

Was macht die Ausbildung in Ihrem Unternehmen besonders?

Die Frage habe ich unseren Azubis direkt gestellt. Warum arbeitet ihr bei der BayWa? Da kommt sofort das Thema Arbeitsatmosphäre. Also ein familiäres Umfeld. Und das ist spannend, weil wir bei der BayWa knapp 1.000 Azubis haben. Aber aufgrund des dezentralen Standortnetzwerks sind wir in der jeweiligen Region trotzdem sehr familiär und verbunden aufgestellt.

Das passt zu unserem Slogan „Verbundenheit schafft Erfolg“. Der wird auch gelebt. Es freut uns sehr, dass die Azubis diese Verbundenheit zurückspielen, obwohl sie erst kurz im Unternehmen sind. So einen Spirit kann man nicht kaufen. Es ist ein langer Weg, um Verbundenheit im Unternehmen zu leben, besonders in einem Konzern. Aber das macht uns aus.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Vielfalt der Ausbildung. Ob Energie, Agrar, Technik, Baustoffe oder viele zentrale Corporate Einheiten, Auszubildende können viele Einsatzgebiete kennenlernen und während der Ausbildung wechseln. Das wird von den Azubis wertgeschätzt.

Und der dritte Punkt, der auch für die Generation Z immer wichtiger wird: Sicherheit und modernes Arbeitsumfeld. Hier sind wir gut aufgestellt. Als Konzern, der seit über 100 Jahren besteht, können wir Jugendlichen einen sicheren Arbeitsplatz bieten. Das wird positiv bewertet. Hinzu kommt die moderne Soft- und Hardware, mit der die Arbeit bei uns Spaß macht.

Welche Vorteile haben Auszubildende durch eine Ausbildung in Ihrem Unternehmen?

Die Benefits und die Vielfalt unserer Angebote spielen eine große Rolle. Wir bieten insgesamt 15 unterschiedliche Ausbildungsberufe an – vom gewerblichen Bereich über Lagerlogistik bis zu Land- und Baumaschinenmechatroniker. Gerade im Landmaschinenbereich „schrauben“ ca. 500 Leute mit. Viele kommen hier entweder aus einem landwirtschaftlichen Kontext oder haben privat großes Interesse am „Schrauben“.

Die meisten haben ein klares Bild vom Beruf und was sie hier erwartet. Sie kennen die Produkte meistens von zu Hause oder von Familie, Bekannten und Freunden.

Und bei denjenigen, die sich noch nicht schlüssig sind, punkten wir wieder mit unserem vielfältigen Angebot- sei es Büromanagement, IT oder Groß- und Außenhandel. Da sind mehrere Berufe dabei, die wir auch am liebsten direkt im Austausch mit Schülerinnen und Schülern vermarkten – auf Messen, Onlineveranstaltungen oder auch bei Schulvorträgen. Wir setzen auf Schulkooperationen und Praktika.

Die zukünftigen Azubis sollen schon ein Gefühl fürs Unternehmen bekommen. Welche Personen arbeiten hier? Wie reden sie miteinander? Wie sind sie gekleidet? Wie schaut ein Arbeitsalltag aus? Da all diese Fragen für die Zielgruppe neu sind, geben wir mit den Antworten Hilfestellungen und auch Sicherheit bei der doch einschneidenden Entscheidung für einen Berufsweg.

Wir legen großen Wert auf Weiterbildung – sowohl während der Ausbildung als auch danach. Und wir kommunizieren beides offen. Überall dort, wo es thematisch passt, sind die Azubis über die Lehrjahre spartenübergreifend zusammen. Sie lernen dann nicht nur die Kolleginnen und Kollegen aus der Sparte Technik kennen, sondern auch aus den Bereichen Energie, Bau und Agrar.

Wir bieten auch spartenspezifische Trainings zum Beispiel im Agrarbereich an. Das Thema Tierhaltung, Feldanlagen und Feldbebauung sind Aspekte, die mit der Praxis verknüpft werden. Dieses Erlebnis macht Spaß und wird immer besonders gut bewertet.

Und dann prämieren wir den BayWa-Top-Azubi. Die Auszubildenden mit den besten Abschlussprüfungen werden in die Zentrale eingeladen. Der Vorstandsvorsitzende und der Leiter Personal gratulieren zur sehr guten Leistung. Auch da informieren wir über die Weiterbildungsmöglichkeiten und unser Talente-Programm. Weiterbildung ist, denke ich, ein wichtiger Faktor für die junge Generation. In den allermeisten Berufen sind Offenheit und Flexibilität entscheidende Voraussetzungen für Veränderungen. Das fängt im Kopf an. Wir versuchen, so früh wie möglich anzusetzen. Aber das ist ein langwieriger Prozess.

Haben Sie denn vermehrt auch weibliche Auszubildende in „Männerberufen?“

Die Berufe sind tendenziell noch immer männlich dominiert, aber es ist eine positive Entwicklung zu erkennen. Wir haben einige Leuchtturmprojekte und wir nutzen Girls und Boys Day, um proaktiv zu werben – auch bei der Bezeichnung von Berufen. Wir sind da sehr sensibel und versuchen, weder die männliche noch die weibliche Seite zu bevorzugen. Das Thema ist uns wichtig.

Welche Erwartungshaltung haben Sie an Ihre Ausbilderinnen und Ausbilder?

Wichtig sind uns die Nähe zu den Auszubildenden und ein Austausch möglichst auf Augenhöhe. Vertrauen in der Zusammenarbeit. Und natürlich die fachliche Expertise.

Die neue, junge Generation ist selbstbewusst und möchte Dinge vorantreiben. Sie möchte anpacken, Verantwortung für Themen früh übernehmen, Hintergründe verstehen und sich weiterentwickeln. Hier ist eine gute Feedbackkultur gefragt. Das Feedback muss nicht immer lobend sein. Es darf auch gerne konstruktiv sein.

Hier ist ein transparenter Austausch mit uns, mit der zentralen Ausbildungsabteilung und mit Führungskräften notwendig, um die Azubis optimal betreuen zu können. Wer kommt da? Wer muss wie individuell betreut werden? Welche Schulungen oder Gespräche sind notwendig? Unsere Ausbilderinnen und Ausbilder sind voller Leidenschaft. Sie geben ihr Wissen gerne weiter und begleiten Azubis in ihrer Entwicklung. Wir gehen auf Ausbildende zu und holen deren Meinungen frühzeitig ein, um reagieren zu können. Die Lernbegleitung ist ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung.

Inwieweit treiben Ausbilder:innen die Digitalisierung im Unternehmen voran?

Ja, das tun sie auf jeden Fall im Alltag mit ihren innovativen Ideen und Gedanken. Wir sind an vielen Stellen bereits digital unterwegs. Und das müssen wir aufgrund der Regionalität auch sein. Wir haben Portale bzw. Communities, wo sich sowohl Ausbildende untereinander als auch Auszubildende austauschen können.

Oder auch das digitale Berichtsheft, in dem bald auch der Einsatzplan abgebildet ist. Wir haben diese Mustervorlage zusammen mit den Ausbildenden erarbeitet. Hier kommen auch viele Anregungen von Ausbilderinnen und Ausbildern für die Weiterentwicklung.

Welche digitalen Tools sind in Ihrer Ausbildung unverzichtbar?

Wir haben sehr viele Azubis im gewerblichen Bereich, die nicht regelmäßig am Rechner sitzen bzw. kein Endgerät haben. Sie verfügen über einen Account für das digitale Berichtsheft. An den jeweiligen Standorten gibt es Schulungslaptops.

Unsere wichtigsten digitalen Tools sind: Intranet, Berichtsheft inklusive Einsatzplanung, Fachinhalte und Noten - ein sehr wichtiges Tool und Dreh und Angelpunkt in der Ausbildung, weil ja auch verpflichtend.

Und Azubi-Marketing. Wir nutzen zudem Social-Media-Kanäle, Messen oder Online-Veranstaltungen für unser Azubi-Recruiting. Im kaufmännischen Bereich setzen wir MS 365 ein sowie Online-Schulungen und Trainings. Diese Tools können alle Fachexpertinnen und Fachexperten sehr gut bedienen und darüber Wissen vermitteln.

Gibt es Herausforderungen bei der Nutzung von Videokonferenz-Tools?

Je größer die Runde, desto anonymer die Teilnehmenden. Die Kameras sind hier oft aus. Aber wir haben Spielregeln für das digitale Miteinander definiert. Die meisten Azubis haben kein Problem, sich in Videos zu zeigen, da sie häufig privat auch Facetime oder WhatsApp Video nutzen.

Wir haben auch eine Kampagne „#noFilter“ durchgeführt. Hier wurde der Alltag der Azubis authentisch gezeigt. Unsere Erfahrung ist, dass die Azubis gerne vor der Kamera stehen – sei es für Bild oder Video. Auch in unserer Arbeigeber-Kampagne finden sich diverse Testimonials von Azubis wieder.  

In welchen Bereichen wünschen Sie sich mehr Kompetenzen von Ihren Ausbilderinnen und Ausbildern?

Wir haben bereits Pilotprojekte zu Copilot von MS 365 gestartet, aber weniger im Ausbildungsbereich. Auch, weil im Fall vom KI der Wissensträger nicht immer der Ausbilder ist. Aber es ist mit Sicherheit wichtig, hier Sicherheit und Verständnis aufzubauen.

Auch beim Thema generationsübergreifende Zusammenarbeit. Da versuchen wir Ausbilderinnen und Ausbilder auf Infoveranstaltungen zu sensibilisieren, um die klassischen Schubladen aufzubrechen, Barrieren abzubauen und Verständnis und Wertschätzung zu fördern. Kompetenz braucht es vielleicht hier nicht in erster Linie, aber das richtige Mindset, Offenheit und viel intrinsische Motivation, um am Puls der Zeit bleiben und sich weiterentwickeln zu wollen.

Wie steht es denn um die Schreib- und Rechenkompetenzen der Azubis?

Es gibt hier zunehmend Lücken, die von Ausbildungsunternehmen geschlossen werden müssen. Besonders beim kaufmännischen Rechnen bei uns im Baustoffbereich offenbaren sich nach Rückmeldungen der Ausbildenden oft Potenziale – sei es bei Dreisatz oder Flächenberechnungen. Hier gibt es sehr unterschiedliche Wissensstände. Hier müssen wir dafür sorgen, dass sich die Wissensstände annähern, auch um Prüfungen vorzubereiten.

Haben Sie selbst auch eine Ausbildung gemacht oder studiert?

Ich habe den Bundesfreiwilligendienst absolviert, weil ich noch nicht genau wusste, was ich beruflich machen möchte. Deshalb kann ich recht gut einschätzen, wie sich Azubis fühlen, wenn es um ihre Zukunft geht. Ich habe zunächst bei der Caritas in der Behinderten-Werkstätte gearbeitet. Danach habe ich mich für ein duales Studium BWL, Handelsmanagement bei der Sportscheck GmbH entschieden und den Master im Bereich Human Resources Management berufsbegleitend angeschlossen.

Mir war wichtig, Theorie gleich mit Praxis zu verknüpfen. Ich habe mir immer die Frage gestellt: Wie läuft es denn eigentlich im Unternehmen und warum ist es manchmal so weit weg von der Theorie? Das war sehr spannend für mich und hat mich in meiner Lernkurve sehr gefördert.

Unternehmensprofil BayWa AG

Die BayWa Gruppe entwickelt innovative und nachhaltige Lösungen für die Grundbedürfnisse Ernährung, Wohnen, Wärme, Strom und Mobilität. Sitz der 1923 gegründeten Muttergesellschaft ist München. Die Geschichte des Hauses begann mit dem genossenschaftlichen Landhandel: Die BayWa versorgte den ländlichen Raum mit allem, was die Landwirtschaft braucht. Heute engagiert sie sich in über 40 Ländern in den Feldern Agrar, Bau und Energie. Die genossenschaftlichen Wurzeln prägen bis heute das Selbstverständnis des Unternehmens.

Fotos: BayWa AG

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