21. Februar 2024

Künstliche Intelligenz (KI) ist auf dem Vormarsch: Datafizierung, Automatisierung und Visualisierung sind mittlerweile feste Bestandteile in Bildung, Arbeit, innerer Sicherheit und Freizeit. Das Problem ist, dass ihre Präsenz und Funktionsweise nicht immer offensichtlich und durchschaubar ist. Aus diesem Grund ist es wichtig, Regeln für den Umgang mit KI aufzustellen sowie gleichermaßen die Menschen zu sensibilisieren und zu schulen – und zwar möglichst früh, am besten direkt in Schule und Ausbildung. 

Unser tägliches Leben wird von sozialen Normen und moralischen Standards geleitet, die unsere Handlungen bewerten. Menschen stehen oft vor moralischen Dilemmata, in denen sie zwischen gegensätzlichen Handlungsoptionen wählen müssen. Die Entscheidung wird auf Basis ethischer Werte getroffen.

Im digitalen Raum sieht dies noch etwas anders aus; die Notwendigkeit einer digitalen Ethik angesichts des raschen technologischen Fortschritts ist offensichtlich. Obwohl Politik, Unternehmen und Gesellschaft die Bedeutung erkannt haben und erste Maßnahmen zur Umsetzung ergriffen haben (z.B. AI-Act der Europäischen Union), steht die konkrete Ausbildung im Bereich werteorientierter Digitalkompetenz noch am Anfang. 

Gegenstand der digitalen Ethik

Die digitale Ethik beschäftigt sich mit Werten und Richtlinien für ethisches Handeln in digitalen Prozessen und reflektiert verschiedene Problemstellungen. Technologien sollen so entwickelt werden, dass sie sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch und gesellschaftlich miteinander vereinbar sind.

Kriterien dafür können beispielsweise Unvoreingenommenheit, Transparenz, Sicherheit und Datenschutz sein (KI-Bundesverband, 2019). Die digitale Ethik fördert den verantwortungsbewussten Umgang sowie die Reflexion über Auswirkungen von Technologien auf die Gesellschaft. Dazu zählt unter anderem auch die Frage, inwieweit Menschen den Entscheidungen Künstlicher Intelligenz vertrauen können. Wer trägt die Verantwortung, wenn Maschinen zunehmend autonom agieren? 

 

Digitale Ethik: ein wichtiger „Future Skill“

Die Relevanz ethischer Kompetenzen in der digitalen Arbeitswelt wird besonders deutlich, wenn man die sogenannten "Future Skills" betrachtet – jene Schlüsselkompetenzen, die zukünftig entscheidend für das Bestehen auf dem Arbeitsmarkt sein werden. Die Europäische Kommission (2018) hat es sich zum Ziel gesetzt, die Fähigkeit zur verantwortungsvollen Nutzung digitaler Technologien sowie das Bewusstsein für ethische Grundsätze zu fördern.

Das "Future-Skills-Framework" des Stifterverbandes betont zudem die Bedeutung digitaler Ethik als wichtigen Bestandteil der digitalen Kompetenz, die für eine aktive Teilnahme an der von Technologie geprägten Arbeitswelt unerlässlich ist. Allerdings besteht eine signifikante Diskrepanz zwischen diesem Idealbild und der Realität.

Eine Umfrage zur "Digital Skills Gap" (Initiative D21, 2021) verdeutlicht, dass viele Befragte zwar digitale Anwendungen souverän nutzen, jedoch nur wenige die zugrundeliegenden Mechanismen verstehen. Zudem zeigen sich Schwierigkeiten bei der kritischen Bewertung von Informationen aus dem Internet sowie bei der Einschätzung von Datenschutzfragen. 

Digitale Ethik in der Berufsausbildung

Derzeit fehlen noch systematische Ansätze zur Förderung der Auseinandersetzung mit digitaler Ethik (Initiative D21, 2022). Eine wichtige Säule wäre die Berufsausbildung: Unternehmen könnten hier frühzeitig Maßnahmen ergreifen, um die Sensibilisierung für verantwortungsbewusstes Handeln im digitalen Arbeitsumfeld berufsbezogen zu fördern. Dabei stehen insbesondere der Schutz sensibler Daten des Unternehmens, der Kund:innen und Mitarbeiter:innen im Fokus, ebenso wie die werteorientierte Nutzung eigener Technologien und die damit verbundenen Herausforderungen. Die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass dies in nahezu allen Berufsgruppen zunehmend an Bedeutung gewinnt: 

  • Elektrotechniker:innen: Automatisiertes und vernetztes Fahren 
    Entwicklung von Algorithmen, die in Gefahrensituationen ethisch vertretbare Entscheidungen treffen. 

  • Pflegekräfte: Einsatz elektronischer Patientenakten 
    Verantwortungsvoller Umgang mit hochsensiblen Patientendaten, Sicherstellung des Datenschutzes. 

  • Personalreferent:innen: Künstliche Intelligenz bei der Bewerberauswahl 
    Einsatz von Algorithmen, die keinen Biases (Verzerrungen) unterliegen und vollständig transparent sind, um Diskriminierung zu vermeiden und Fairness sicherzustellen. 

Der Umgang mit komplexen Technologien erfordert ein Verständnis der ethischen Dimensionen und notwendiger Leitlinien, um verantwortungsbewusste Entscheidungen treffen zu können. Für Betriebe, die frühzeitig digitale Ethik in ihre Ausbildung integrieren, ergeben sich hier Möglichkeiten zur Erzielung wichtiger Wettbewerbsvorteile. Zum einen stellen sie sicher, digital kompetente und anschlussfähige junge Arbeitnehmer:innen auszubilden. Sie können dazu beitragen, innovative Lösungen für das Unternehmen zu entwickeln, die ethische Prinzipien berücksichtigen und langfristig nachhaltig sind. Zum anderen werden diese Betriebe zu Vorreitern: Sie strahlen durch die Ausrichtung der Unternehmenskultur auf einen digitalen Wertekodex und ihre proaktive Verantwortungsübernahme Vertrauen aus und stärken so das Unternehmensimage. Und dadurch werden sie auch attraktiver für junge Menschen auf der Suche nach einem Ausbildungsunternehmen! Doch wo kann angesetzt werden? Folgende Handlungsfelder bieten Betrieben die Möglichkeit, je nach Ressourcenausstattung die digitale Ethik in die Berufsausbildung zu integrieren.  

  1. Integration in den betrieblichen Ausbildungsplan: Kurse zur digitalen Ethik mit Themenfeldern wie Datenschutz und Sicherheit oder Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen 

  2. Projekte im Betrieb: Handlungsbezug zum Betrieb herstellen, z.B. durch stetige Stärken-Schwächen-Analysen und Lösung realer Problemstellungen 

  3. Workshops/Austauschrunden/Mentoring: Möglichkeiten zum abteilungsübergreifenden Austausch mit Kolleg:innen oder sogar externen Expert:innen bieten 

  4. Weiterentwicklung der Ethik-Leitlinien: Stetige Weiterentwicklung der unternehmensinternen Leitlinien gemeinsam mit den Auszubildenden, um das Commitment von Anfang an zu stärken  

Die Integration digitaler Ethik in die Berufsausbildung im Betrieb ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die Mitarbeiter:innen die ethischen Aspekte ihrer Tätigkeiten im digitalen Umfeld verstehen und entsprechend handeln können. 

Weiterführende Links: 

Weiterbildungen zum Thema Ethik und KI

Quellen:

Europäische Union, 2018, Empfehlung des Rates vom 22. Mai 2018 zu Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen

Initiative D21, 2021, Digital Skills Gap

Initiative D21, 2022, Denkimpuls Digitale Ethik #16. Ein digitalethischer Kompetenzrahmen aus der Praxis und für die Praxis

KI Bundesverband e.V., 2019, KI Gütesiegel

Stifterverband, 2021, Future Skills - Diskussionspapier 1. Future Skills: Welche Kompetenzen in Deutschland fehlen

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