13. Februar 2024

Der digitale Wandel hat nicht nur die Art und Weise verändert, wie wir arbeiten, sondern auch wie wir Ausbildung gestalten. Durch die fortschreitende Digitalisierung eröffnen sich neue Lernwelten, in denen nicht nur fachliches Wissen, sondern auch die Entwicklung von Fähigkeiten und die Förderung individueller Potenziale im Vordergrund stehen. An dieser Stelle ist eine Hinwendung zur Lernbegleitung unausweichlich, zwingend – denn nur zeitgemäße Lernformen können eine Antwort auf die Arbeitswelt der Zukunft sein. 

Es geht um Wertschätzung, Respekt und Haltung. Es geht darum, einmal den Kopf zu heben und den Mut aufzubringen, in die Ferne zu blicken – dorthin, wo die Zukunft der Arbeit und ihre innovativen neuen Ausgestaltungen zu finden sind.  

In diesem Beitrag geht es um 4 gute Gründe, im Rahmen der betrieblichen Ausbildung als Lernbegleiter:in zu agieren.

Grund 1. “Das haben wir schon immer so gemacht” funktioniert nicht mehr

Lernbegleitung bietet die Möglichkeit zur individuellen Entfaltung von (oftmals ungeahnten!) Potentialen – bei Azubis und Ausbilder:innen. Das ist ja das Besondere daran!  

Es sollte im Rahmen der Ausbildung weniger darum gehen, Wissen zu vermitteln, vielmehr sollte sich das zu Lernende in spannenden Projekten „verstecken“, so dass sich über das schrittweise Erarbeiten von Sachverhalten ganze Lernwelten eröffnen, in denen alle Beteiligten zusammen Lösungen finden und erarbeiten können.  

In der Zeit, in der die Azubis in den Projekten ihre Aufgaben finden, sortieren, verteilen und bearbeiten, haben Ausbilder:innen Zeit und Gelegenheit, entlang den Vorgaben der Kammern und den Gegebenheiten im Betrieb die nächsten Schritte zu planen.  
Es entstehen Freiräume, wenn Ausbilder:innen sich dazu entschließen, nicht mehr nur zu unterweisen!  

Natürlich bedeutet es, bei Fragen jederzeit für die Azubis ansprechbar zu sein. Aber es bedeutet eben nicht, die ganze Zeit dabei zu stehen und die Azubis in ihren Tätigkeiten zu kontrollieren.  

Klassisches Unterweisen sollte nur noch dort passieren, wo es wirklich notwendig ist. Und wenn wir ehrlich sind, war das auch genau das, was wir in unserer eigenen Ausbildung schrecklich gefunden haben: lange „Predigten“ über Themen, die zwar hätten spannend sein können, dann aber irgendwie total langweilig wurden, weil eben nur eine Person darüber referierte. Vom „nur Zuhören“ lernen nur Wenige gut – die meisten wollen begreifen (und da stecken die Hände schon im Wort mit drin!). 

Grund 2. Überlassen Sie das Gelingen der Ausbildung nicht dem Zufall

Die meisten Unternehmen geben sich sehr viel Mühe mit der Vorbereitung und Vorplanung der Ausbildung, damit am Ende der Ausbildungszeit möglichst viele neue Fachkräfte „unfallfrei“ durch die Prüfung in den Fachabteilungsalltag purzeln.  

Dabei wird vom Unternehmen her gedacht, von den Kosten und Notwendigkeiten – ich will es mal mit einem Bild beschreiben:  
Der Fahrlehrer Mike bereitet seinem neuen Fahrschüler Tom, den er noch nicht kennt, den Fahrschul-Wagen so vor, wie er glaubt, dass es der junge Mann am besten mit dem Fahren hinbekommt (Sitz nach hinten, Lehne steil, Spiegel einstellen). Er gibt sich sehr viel Mühe, nimmt sich richtig Zeit – und dann setzt sich Tom ins Auto und … - ja, genau, wenn der Zufall es wollte, wird alles genau so passen, wie es von Mike vorab eingestellt wurde!  

(In der Realität wird es dann so aussehen, dass Tom sich alles selbst noch einmal so einstellen wird, damit es für ihn passt, weil nur er das wissen kann in dem Moment, in dem er sich ins Auto setzt). 
 
Um sicherzustellen, dass die Ausbildung wirklich zum Azubi passt, müssen Sie die Bedürfnisse und Erwartungen Ihrer Auszubildenden genau kennen. Welche Möglichkeiten gibt es also, die Azubis in die Ausgestaltung der Ausbildungsabläufe von Beginn an mit einzubeziehen?  Das hat jedes Unternehmen selbst in der Hand! Wie offen zeigen Sie sich, Änderungsvorschläge anzunehmen, Neues auszuprobieren, Ausbildung ganz anders zu denken? Ausbilder:innen können z.B. die Chance nutzen, das Arbeiten mit den Azubis nach dem Modell der vollständigen Handlung einzuführen.  

Grund 3. Es gibt keine anderen Fachkräfte der Zukunft als die, die sich bewerben!

Wie begegnen wir den “Fachkräften von morgen” im Ausbildungsalltag? Gehen wir auf sie zu (ihnen also entgegen) oder erwarten wir einfach weiterhin, dass sie die Gegebenheiten in den Unternehmen hinnehmen und den Leitspruch „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ akzeptieren? Was führt wohl eher zum Ziel? 

Die junge Generation mit einzubeziehen bedeutet, im Ausbildungsablauf Verantwortung zu übertragen. Azubis sollen sorgfältig vorbereitete Aufgaben selbstständig erledigen – und zwar von A bis Z. Dabei lebt die Lernbegleitung von einer positiven Fehlerkultur, also einer wohlwollenden Hinwendung zum Lernenden in dessen Versuch, Neues zu begreifen. 

Je konkreter dieses Bemühen um eine Begleitung beim Lernen mit den Lernbedarfen und Lernbedürfnissen der Azubis abgestimmt und mit passenden Aufgaben kombiniert wird, desto eher wird es gelingen, eine tragfähige Beziehung zu den Azubis aufzubauen und sie auf die Prüfungen sowie den darauffolgenden Arbeitsalltag vorzubereiten.  

Ein Beispiel für ein lehrjahrübergreifendes Projekt:  
Bereitet einen Tag der offenen Tür für eure Freunde und Bekannten, eure Familien und Neugierige vor, an dem ihr aus eurer Sicht zeigt, warum es supercool ist, in dieser Firma zu lernen!   

In dieser Aufgabe stecken so viele Lernbereiche drin und es muss an so vieles gedacht werden. Es braucht Übersicht und Vorausschau, Planung, Organisation, Struktur, Absprachen, Erlaubnisse, Ressourcenmanagement, … - und das Schöne: diese Aufgabe eignet sich für so ziemlich alle Berufe!  Und die Unternehmen profitieren auch noch davon, weil sie über die normale Werbung hinaus an Bekanntheit gewinnen können.   

Wenn Ausbilder:innen hier die Haltung der Lernbegleitung einnehmen, wird nicht nur die berufliche, sondern auch die persönliche Entwicklung von Azubis – aber eben auch von Ausbilderinnen und Ausbildern gefördert. 

Und wer das alles für „Spielerei“ hält, die noch zusätzlich zum normalen Ausbildungsalltag gestemmt werden muss, hat noch nicht verstanden, dass nicht die Rede davon ist, „mal etwas anders zu machen“, sondern die Ausbildung von Grund auf zu ändern und Aufgaben und Verantwortlichkeiten neu zu sortieren.  

Vorgegebene Inhalte aus den Rahmenplänen könnten auch anders als bisher umgesetzt werden – es ist nur ungewohnt, herausfordernd und unbequem!  

Wer allerdings Flexibilität, Lösungsorientierung und „Bock auf Lernen“ von seinen Azubis erwartet, sollte doch wohl am besten mit leuchtendem Beispiel vorangehen, oder? 

Grund 4. Lernbegleitung reflektiert die eigene Haltung und stiftet Sinn

Wie wir uns selbst verhalten und geben hat einen großen Einfluss auf unser Umfeld und dessen Reaktionen auf uns. Wenn wir also Menschen mit einem strahlenden Lächeln begegnen und einen guten Tag wünschen, dann könnte es sein, dass sich diese “gute Laune” überträgt oder zumindest ebenfalls ein Lächeln ins Gesicht der Gegrüßten zaubert.  

So ist das auch im Ausbildungsalltag: vermitteln die Ausbilder:innen den Azubis den Eindruck, dass die gemeinsame Arbeit wichtig und sinnvoll ist und dass sie voll engagiert sind, den jungen Leuten die Lerninhalte näherzubringen und sich auf dem gemeinsamen Weg immer auch von den Fragen, Erkenntnissen und Lösungen der Azubis überraschen und inspirieren zu lassen, dann werden auch die Azubis Lust am Lernen verspüren und sich vermehrt selbst einbringen und um ihre Ziele kümmern.  

Die Haltung, mit der wir etwas tun, ist entscheidend für die Ergebnisse! Auch für die Ergebnisse, die andere in unserem Umfeld erzielen können, für die wir Sinn im Erlernen ihres Berufes stiften können.  

Versuchen Sie es mal! Machen Sie einen ersten Schritt – und fragen Sie Ihre Azubis, wo es in den Abläufen etwas gibt, das Sie gemeinsam und ohne viel Aufwand ändern könnten. Hören Sie genau zu, fragen Sie nach, nehmen Sie die Ideen ernst – und dann entwickeln Sie gemeinsam einen Plan! Es wird allen Spaß machen – versprochen! 

Und wenn Sie noch unsicher sind, wie Sie dem Thema „Lernbegleitung“ oder den jungen Menschen begegnen sollen, dann stehen wir vom NETZWERK Q 4.0 in Niedersachsen Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite. Kommen Sie auf uns zu. Wir beraten Sie gern. 

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