8. November 2022

In den Ausbildungsordnungen der Metall- und Elektro Berufe sind neue Kernqualifikationen hinterlegt. Beim Lesen stolpert man insbesondere über viele Schlagworte rund um das Thema Digitalisierung wie z. B. Daten, Cloud, Condition Monitoring, interdisziplinäre Zusammenarbeit und digitale Lernmedien.

Diese Inhalte sollen integrativ, also verteilt und begleitend über die gesamte Ausbildungszeit, vermittelt werden. Bisher spielen jedoch diese integrativen Themen in den Zwischen- und Abschlussprüfungen nahezu keine Rolle und werden kaum abgefragt. Zusätzlich fragen sich viele Ausbilder:innen, wie sich diese Themen in der Ausbildung ohne erheblichen Mehraufwand umsetzen lassen.

Gleichzeitig gibt es inzwischen viele Beispiele, wie man in einem Projekt einige der Themen abdecken und mit fachlichen Themen verschränkt behandeln kann. Im Folgenden beschreiben wir ein Beispiel hierfür: ein Projekt rund um Condition Monitoring und Predictive Maintenance.  

Was ist Condition Monitoring?

Condition Monitoring ist die dauerhafte Zustandsüberwachung einer Maschine. Mit Hilfe des Monitorings ist immer klar, ob sich die Maschine im gewünschten Zustand befindet oder nicht. Mit Hilfe der gesammelten Daten können weitere Maßnahmen angestoßen werden, wenn der Zustand sich verändert und eine „besondere Betreuung“ – i. d. R. Wartungsaufgabe – notwendig wird.

Während moderne Produktionsanlagen die nötige Technik zur Zustandsüberwachung häufig bereits integriert haben, fehlt den „älteren“ Anlagen die Technologie, den Zustand der Anlage konsequent und dauerhaft im Betrieb zu erfassen. Durch zusätzliche Sensoren kann hier jedoch schnell Abhilfe geschaffen werden. Die notwendigen Technologien und Anwendungen haben sich in den letzten Jahren drastisch vereinfacht und stehen heutzutage sozusagen „von der Stange“ zur Verfügung.

Predictive Maintenance

Predictive Maintenance bedeutet vorausschauende Wartung. Hier wird mit Hilfe der Daten aus dem Condition Monitoring das Verhalten der Maschine über längere Zeit simuliert und im Modell dargestellt. So können Verschleiß und Störungen frühzeitig erkannt und bereits vor eintreten eines kritischen Zustands behoben werden.

Condition Monitoring in die Ausbildungspraxis integrieren

Condition Monitoring lässt sich als ergänzende Informationsquelle im Prinzip an jeder Maschine und Anlage einsetzen. Daher kann auch eine Maschine in der Ausbildungswerkstatt genutzt werden. So wird zugleich sichergestellt, dass keine betrieblichen Abläufe gestört werden. Wie Sie Condition Monitoring an einer Anlage etablieren, zeigen wir Ihnen anhand von fünf Schritten.  

Im ersten Schritt geht es zunächst darum die bestehende Anlage vollständig zu analysieren:

  • Was wissen wir bereits über den Zustand der Anlage?

  • Was ist an Sensorik bereits vorhanden?

  • Welche weiteren Technologien sind im Einsatz?

  • Welche Daten werden erfasst und wo werden diese gesammelt?

Diese Fragen können nur in Zusammenarbeit mit Azubis aus verschiedenen Ausbildungsberufen beantwortet werden. Welche Berufe bilden Sie aus? Wer kennt die Maschine? Wer ist für die Wartung zuständig? Wer kann etwas zu Sensorik und Technologien beitragen?
 

Exkurs A: Wie ist der Wissensstand der Azubis zu den Themen? Hier kann eine passende Lerneinheit z. B. zum Thema Sensorik zur Auffrischung angeboten werden. Sicher gibt es unzählige Erklärvideos im Netz oder Sie produzieren selbst eine passende Einheit.

Exkurs B: Zusätzlich können in der Analysephase auch typische Methoden der Prozessanalyse und -optimierung genutzt und vermittelt werden, z. B. das Ursache-Wirkungs-Diagramm oder ein A3-Report.


Nachdem der Ist-Zustand der Maschine allen bekannt und ausreichend beschrieben ist, geht es im zweiten Schritt um die Frage, welche Daten und Informationen noch fehlen, um den aktuellen Zustand der Maschine automatisch und zuverlässig erfassen zu können. Dabei werden die Erfahrungen der Azubis mit der Maschine und alle weiteren möglichen Informationsquellen mit einbezogen (z. B. Wartungspläne etc.):

  • Welche Schwachstellen hat die Anlage?

  • Welche Störungen treten wann auf?

  • Welche Verbrauchswerte gibt es (Strom, Betriebsstoffe etc.)?

  • Wie verhält sich die Anlage bei veränderten Umweltbedingungen – z. B. bei großer Hitze im Sommer?
     

Im dritten Schritt gilt es, die geeigneten Sensoren und die passende Technologie zu wählen, um die Signale dieser Sensoren zu erfassen. Hierfür werden meist zusätzliche Sensoren benötigt. Diese Sensoren können entweder über die Anlagensteuerung eingebunden werden oder sie werden „freifliegend“ – ohne Kontakt zur Steuerung – eingesetzt. Hierbei können auch neue Technologien ausprobiert und getestet werden.

Zum Beispiel mit LoRaWAN kann die Datenübertragung steuerungsunabhängig und über Funk erfolgen, die Daten werden direkt in die Cloud übertragen und können über ein Dashboard ausgewertet und weitergeleitet werden. Mit den Technologien von heute können hier recht schnell Sensoren angebracht werden. Auch können relativ einfach verschiedene Experimente mit den Sensoren und deren Positionierung durchgeführt werden. Hier kann also auch einfach probiert, weiter gelernt und neu angepasst werden. D. h. auch, dass nicht alle gewählten Sensoren und Positionen von Anfang an hundertprozentig stimmen müssen. Ein solches exploratives und experimentelles Vorgehen kann gerade in der Ausbildung für dauerhafte Lernerfolge und vertiefte Kenntnisse sorgen.
 

Schritt vier: Spannend wird die Kombination der vorhandenen Daten mit den neu gesammelten Daten. Im Idealfall werden alle Daten an einem Ort gesammelt und ausgewertet. Dafür benötigen wir passende Anwendungen und Kommunikationslösungen (z. B. MQTT). Hier können auch weitere Berufsgruppen eingebunden werden, um Lösungen zu finden. Zusätzlich bietet dieser Schritt hervorragende Möglichkeiten, weitere der oben genannten integrativen Themen zu behandeln.
 

Schritt fünf: Ist die Datenbasis und damit die dauerhafte Überwachung einer Anlage vorhanden, können jetzt Maßnahmen wie die vorausschauende Wartung (mit Setzen von Alarmen, Regeln und Wartungsaufgaben) oder weitere Vernetzungsmaßnahmen abgeleitet werden.
 

Fazit: Mit einem Projekt rund um Condition Monitoring in der Ausbildungswerkstatt können viele der integrativen Themen der Kernqualifikationen in die Ausbildungspraxis integriert werden. Zusätzlich bieten sich hier auch sehr gute Möglichkeiten, ohnehin notwendige fachliche Themen praxisnah und im „Doing“ zu vermitteln. Denken Sie doch einfach mal darüber nach, welche Inhalte der neuen Berufsbildposition sie mit einem solchen Projekt abdecken könnten, welche Ausbildungsberufe mit einbezogen werden können und welche Kompetenzen die Auszubildenden dadurch erreichen.

Wenn Sie die Fachkräfte von morgen für Themen rund um Industrie 4.0 sensibilisieren, spricht dies nicht nur für die Qualität Ihrer Ausbildung, sondern kann auch außerhalb der Ausbildungsabteilung bemerkt und angewendet werden.

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