25. Juli 2024

Wer kennt es nicht? Nach dem Urlaub müssen wir uns erst wieder an das frühe Aufstehen, den durchgängigen Arbeitstag und die begrenzte Freizeit gewöhnen. In den meisten Fällen gelingt uns das recht schnell, der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier. Wird es hell, ist Zeit zum Aufstehen – wird es dunkel, ruft das Bett nach uns. Schuld daran ist er: Der Biorhythmus. Er wird getaktet durch unsere sogenannte „innere Uhr“.  In diesem Beitrag erfahren Sie, was es mit dem Biorhythmus auf sich hat, welche Rolle er im Ausbildungs- und Arbeitsalltag spielt und wie Sie Ihre Ausbildungspraxis entsprechend der inneren Uhr gestalten können.  

Mit dem Biorhythmus durch Hochs und Tiefs 

Der Biorhythmus beschreibt Hoch- und Tiefphasen im Tagesablauf. Leistungsfähigkeit, Motivation und Konzentration schwanken im Laufe des Tages, gesteuert durch spezielle Neuronen im Gehirn. Der suprachiasmatische Nukleus, der sich im Hypothalamus befindet, fungiert dabei als Hauptregulator der inneren Uhr. Der daraus entstehende Rhythmus (zirkadianer Rhythmus) beeinflusst viele physiologische Prozesse, darunter Schlaf-Wach-Zyklen, Körpertemperatur, kognitive Funktionen und Hormonsekretion.

Hormone sind ein gutes Stichwort, denn auch diese wirken sich auf unseren Biorhythmus aus. Melatonin beispielsweise spielt eine Schlüsselrolle bei der Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus. Der Melatoninspiegel wird durch Licht beeinflusst und steigt abends an. So signalisiert er dem Körper, dass es Zeit ist zu schlafen. Er sinkt am Morgen, um das Erwachen zu fördern. Gebildet wird dieses Hormon in der Zirbeldrüse, auch Epiphyse genannt. Diese befindet sich im Epithalamus, nahe der Mitte des Gehirns, in einer Vertiefung zwischen den beiden Gehirnhälften.  

Leben und arbeiten mit dem Biorhythmus  

Wer den eigenen Biorhythmus gut kennt, kann passende Voraussagen der individuellen Leistungsfähigkeit treffen. Wir unterscheiden dabei verschiedene Chronotypen. Die Eulen, auch Spättypen genannt, schlafen morgens lieber mal etwas länger und beginnen den Tag eher entspannt und zeitversetzt. Dafür sind sie auch spät am Abend noch fit und leistungsfähig. Ganz im Gegensatz zu den Lerchen, die Frühtypen sind. Sie sind schon zeitig am Morgen fit und gut gelaunt und starten aktiv in den Tag.

Daher gehen sie auch eher ins Bett. Der Großteil der Menschen, etwa 60 Prozent, liegt jedoch dazwischen: die Tauben oder auch Normaltypen. Welcher Gruppe wir angehören ist genetisch bedingt, wandelt sich jedoch im Laufe des Lebens. So sind die meisten Kinder Lerchen – Eltern kennen das – während aus ihnen in der Pubertät eher Nachteulen werden. Die meisten Erwachsenen sind Tauben oder „leichte Lerchen“. Extreme Lerchen und Eulen gibt es nur selten.   

Entgegen der inneren Uhr – geht das? 

Gehen wir also davon aus, dass viele Auszubildende – sofern sie ihre Ausbildung direkt nach dem Schulabschluss beginnen - eher Eulen sind. Sie sind jung, genießen das Leben, gehen vielleicht auch mal unter der Woche mit Freunden weg oder beschäftigen sich am Abend mit Tablet, Laptop, Smartphone oder sehen fern. Sie gehen spät ins Bett und würden dieses am liebsten erst am kommenden Mittag wieder verlassen.

Doch Berufsschule oder Arbeitstag beginnen früh am Morgen. Die Azubis sind also gezwungen entgegen ihrem Biorhythmus zu agieren. Das kann zu Konzentrationsschwierigkeiten und Lernblockaden am Morgen führen, da die Abläufe im Körper durcheinandergeraten. Die innere Uhr tickt nicht mehr im Rhythmus.  

Der Biorhythmus und die Technik  

Das wird ebenfalls begünstigt durch die Nutzung technischer Geräte. Wieso? Am stärksten beeinflusst wird unsere innere Uhr durch Licht. Rezeptoren auf unserer Netzhaut geben die Information über die Helligkeit an unser Gehirn weiter. Unsere innere Uhr synchronisiert sich laufend mit der Umwelt und folgt dem Sonnenaufgang. So kommt es auch, dass unser Biorhythmus im Laufe der Jahreszeiten schwanken kann.

Beispielsweise fällt es vielen Menschen schwerer im Herbst und Winter bei fehlendem Tageslicht früh aufzustehen. Grund dafür ist einmal das bereits erwähnte Melatonin, welches bei fehlendem Tageslicht stärker produziert wird und tagsüber zu Müdigkeit führen kann. Zum anderen ist das Tageslicht eine wichtige Quelle für Vitamin D. Ein Mangel kann nicht nur die körperliche Gesundheit negativ beeinflussen, sondern auch die Stimmung und das Energielevel. Abhilfe kann hier durch Tageslichtlampen geschaffen werden.    

Ein negativer Faktor für den Biorhythmus ist neben fehlendem Licht auch künstliches Licht zur falschen Zeit. Bildschirme von Computern, Smartphones und Tablets strahlen sogenanntes Blaulicht aus, welches die Melatoninproduktion hemmt. Das liegt an der spezifischen Wellenlänge dieses Lichtes, auf welche die Photorezeptoren unseres Auges besonders empfindlich reagieren. Die Photorezeptoren enthalten das Pigment Melanopsin, welches besonders auf Blaulicht reagiert.

Es wird also kein Melatonin produziert und das Gehirn bekommt die Information: Es ist Tag. So kann spätes Nutzen von Smartphones, Tablets und Co. zu einer Störung des Schlaf-Wach-Zyklus führen. Eine dauerhafte Unterdrückung der Melatoninproduktion durch übermäßige Nutzung von Geräten mit Blaulicht, kann zu Schlafstörungen führen und damit physische und psychische Probleme hervorrufen.   

Leistungsschwankungen im Ausbildungsalltag 

Welches Fazit können wir daraus ziehen? Wir haben vier Tipps für Sie als  Ausbildungsverantwortliche:

Tipp 1: Keine wichtigen Inhalte oder Leistungsüberprüfungen vor 10:00 Uhr 

Generell lässt sich sagen, dass die meisten Menschen ihr erstes Leistungshoch gegen 10:00 Uhr morgens haben. In den Stunden davor sollten also nicht unbedingt Leistungskontrollen in der Berufsschule geschrieben oder wichtige neue Ausbildungsinhalte im Unternehmen vermittelt werden. Stattdessen ist das eine gute Zeit für Wiederholung und Festigung des Gelernten.     

Tipp 2: Sorgen Sie für Abwechslung und ausreichend Pausen   

Nichts ist ermüdender als stundenlang die gleiche Aufgabe zu erledigen. Sofern es möglich ist, sorgen Sie bei den Auszubildenden für regelmäßige Wechsel bezüglich Aufgabentyp, Methode, Lernformat, Material, etc. Auch Bewegung tut gut, besonders nach dem Mittagessen, um die Leistungsfähigkeit wieder zu steigern. Aktivieren Sie Ihre Azubis, sich also zu bewegen.

Das muss keine Pause sein, sondern kann auch in den Unternehmensalltag integriert werden, z. B. der Besuch einer anderen Abteilung, ein Gang zur Post oder vielleicht ist die neue Arbeitsaufgabe auch einfach in einem anderen Stockwerk zu finden. Ganz wichtig: Sehen Sie Denkpausen nicht als Arbeitspausen an. In unseren Tiefphasen sollten wir möglichst einfache Aufgaben erledigen, wie E-Mails beantworten, recherchieren, die Ablage sortieren, den Schreibtisch bzw. Arbeitsplatz aufräumen oder das Berichtsheft führen.   

Tipp 3: Nicht alle Azubis sind gleich  

Wie bereits erläutert gibt es verschiedene Chronotypen, aber auch innerhalb dieser Kategorien gibt es Schwankungen. Allen Typen im Ausbildungsalltag gerecht zu werden scheint unmöglich. Sofern es machbar ist in Ihrem Unternehmen, verzichten Sie bei Auszubildenden auf Schichtarbeit und schaffen Sie so eine Regelmäßigkeit.

Ob in der Berufsschule oder am Ausbildungsplatz, eine offene Lernatmosphäre mit viel Flexibilität und selbstständigem Arbeiten ermöglicht es den Lernenden, ihren Biorhythmus kennenzulernen und einzuschätzen. Sie könnten beispielsweise Tages- oder Wochenpläne für die Auszubildenden erstellen, die diese, je nach eigener Lernkurve, eigenständig priorisieren und abarbeiten. So erhalten Sie beste Ergebnisse, egal ob Lerche, Eule oder Taube.

Tipp 4: Lassen Sie Ihren Azubis ein Licht aufgehen  

Achten Sie bei der technischen Ausstattung der Auszubildenden auf Blaufilter-Modi bzw. entsprechende Apps. So wird das Blaulicht, das vom Bildschirm ausgestrahlt wird, reduziert. Schaffen Sie Abwechslung im Ausbildungsalltag, damit die Azubis nicht acht Stunden am Stück vor dem Bildschirm sitzen. Sorgen Sie dafür, dass die Arbeitsplätze ausreichend ausgeleuchtet sind und auch Zugang zu Tageslicht besteht.   

Wenn Sie den Biorhythmus Ihrer Azubis im Blick behalten, kann sich das positiv auf die Lernerfolge, die Arbeitsqualität und letztendlich auch auf die Zufriedenheit Ihrer Auszubildenden auswirken. Sie beugen gesundheitlichen Problemen wie Schlafstörungen oder Stress vor und schaffen gleichzeitig eine bessere Arbeitsatmosphäre.

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