29. Januar 2025
Der EU AI ACT und die KI-VO fordern KI-Kompetenz für alle, die die KI-Technologie wie ChatGPT im Beruf zum Lernen nutzen. Viele Ausbilderinnen und Ausbilder fragen sich deshalb zurecht: Was ist eigentlich KI-Kompetenz und wie kann man diese lernen?
Was ist Kompetenz in der Ausbildung?
Der Kompetenzbegriff ist in der Wissenschaft nicht einheitlich definiert. Bei der KI-Kompetenz in der Ausbildung geht es weniger um tiefgehende IT-Fachkenntnisse, sondern um das souveräne, reflektierte und sichere Anwenden von KI-Technologien im jeweiligen Berufsfeld. Auszubildende müssen beispielsweise nicht den Code hinter einem KI-System verstehen, sondern wissen, was bei der Bedienung zu beachten ist – etwa wie man klug der KI Anweisungen gibt und wie man KI-generierte Ergebnisse kritisch bewertet. Das so genannte Prompt-Engineering.
Was steht dazu im EU AI ACT?
„Der Einsatz von KI-Systemen in der Bildung ist wichtig, um eine hochwertige digitale allgemeine und berufliche Bildung zu fördern und es allen Lernenden und Lehrkräften zu ermöglichen, die erforderlichen digitalen Fähigkeiten und Kompetenzen, einschließlich Medienkompetenz und kritischem Denken, zu erwerben und auszutauschen, damit sie sich aktiv an Wirtschaft, Gesellschaft und demokratischen Prozessen beteiligen können.“
Die 4K-Kompetenzen
Der EU AI Act adressiert im Grunde die so genannten 4K-Kompetenzen in Bildungsprozessen. Die 4K-Kompetenzen, auch als "21st Century Skills" bekannt, sind vier Schlüsselfähigkeiten, die als entscheidend für den Erfolg im 21. Jahrhundert angesehen werden. Diese Kompetenzen werden als besonders wichtig erachtet, da sie Lernende auf eine zunehmend digitalisierte und sich schnell verändernde Welt vorbereiten. Sie bilden die Grundlage für lebenslanges Lernen und ermöglichen es Menschen, aktiv an der Gestaltung der Zukunft teilzunehmen und sollten bereits in der Schule vermittelt werden. Diese Kompetenzen sind:
Kommunikation: Die Fähigkeit, Ideen klar und effektiv in verschiedenen Formen und Kontexten zu vermitteln
Kollaboration: Die Fähigkeit, effektiv in Teams zu arbeiten, unterschiedliche Perspektiven zu integrieren und gemeinsam Ziele zu erreichen.
Kreativität: Die Fähigkeit, neue und innovative Ideen zu entwickeln, originelle Lösungen zu finden und flexibel zu denken.
Kritisches Denken: Die Fähigkeit, Informationen zu analysieren, zu bewerten und komplexe Probleme zu lösen.
Warum wir ein fünftes K brauchen
Diese vier zentralen Kompetenzen galten lange Zeit als Fundament moderner Bildung. Nun aber drängen hochentwickelte KI-Systeme wie ChatGPT in den Vordergrund und eröffnen neue Perspektiven für das Lehren und Lernen. Sie sind nicht mehr bloß Werkzeuge, sondern erweisen sich als „intelligente Lernpartner“, die in der Lage sind, komplexe Zusammenhänge zu erläutern, individuell auf Rückfragen zu reagieren und Rechercheprozesse spürbar zu beschleunigen. Gerade deshalb gewinnt die Fähigkeit, mit diesen Systemen zielgerichtet zu interagieren und ihre Ausgaben kritisch zu hinterfragen, rasant an Bedeutung.
Das neue Stichwort lautet „KI-Chatbot-Doing“, das als fünftes „K“ jene vier klassischen Kompetenzen ergänzt. Wer sich frühzeitig mit dem geschickten „Prompt-Engineering“ auseinandersetzt und die Ergebnisse der KI klug hinterfragt, profitiert von einer individuellen und zugleich effizienten Selbstlernumgebung. Zugleich entsteht eine Art Symbiose aus menschlichem Denken und KI-Unterstützung, in der Kreativität und Reflexionsvermögen nicht ersetzt, sondern neu beflügelt werden.
KI-Chatbot-Doing – Was ist das fünfte K genau?
KI-Chatbot-Doing meint eine niedrigschwellige KI-Kompetenz, die auf den Einsatz von KI-Chatbots als Lernmedium fokussiert ist – weit entfernt von den komplexen Fähigkeiten, die KI-Spezialist*innen benötigen. Durch die Interaktion mit KI-Chatbots wird die Fähigkeit ausgebildet, Aufgaben mit Hilfe der KI im Wechselspiel mit einem 4K-Prozess zu bewältigen, denn um souverän mit der KI umzugehen braucht es immer die 4K als Basis. Entscheidend werden beim KI-Chatbot-Doing die konkret gemachten Erfahrungen als Ergebnis beruflicher Handlungsorientierung. Was funktioniert in meinem Kontext schon gut mit KI-Chatbots oder eben auch nicht? Was sind meine Strategien, wenn die KI Fehler macht, oder sich einer Aufgabe verweigert? Biete ich dann z.B. der KI ein virtuelles Trinkgeld an, damit diese eine Aufgabe erledigt oder fordere ich ein schrittweises Vorgehen an?
Die 5K-Kompetenzpyramide
Die etablierten 4 Ks werden im Idealfall eigentlich schon bisher in der beruflichen Bildung, wie beispielsweise im „Modell der vollständigen Handlung“ gefördert. Das KI-Chatbot-Doing transformiert die 4Ks in das Bild einer Pyramide, da sich die 5Ks im Grunde wechselseitig stimulieren können. Einerseits können KI-Chatbots die 4K-Fähigkeiten durch simulierte Rollenspiele oder kreative Szenarien gezielt verbessern. Andererseits benötigt man die 4K-Kompetenzen, um optimal mit KI-Chatbots zu arbeiten.
5K-Kompetenzen in der Ausbildung fördern
1. Praxisnahe Übungen: Bauen Sie konkrete Aufgabenstellungen ein, bei denen die Auszubildenden mit KI-Chatbots arbeiten. Das können Rechercheaufträge, Lernstandskontrollen oder kreative Projektideen sein.
2. Reflexionsphasen: Begleiten Sie die Lernenden dabei, kritisch mit den Ergebnissen der KI umzugehen. Fragen wie „Woher stammen die Informationen?“ oder „Wie verlässlich sind die Ergebnisse?“ sind zentral.
3. Teamarbeit fördern: Lassen Sie Ihre Azubis in Gruppen arbeiten, in denen Kollaboration und Kommunikation trainiert werden – unterstützt durch KI-Tools, z. B. für Brainstorming oder Projektplanung.
4. Feedbackkultur etablieren: Eine offene Feedbackkultur sorgt dafür, dass Auszubildende kontinuierlich lernen, ihre KI-Prompts zu optimieren und die Aussagen der KI kritisch zu prüfen.
5. Didaktische Modelle nutzen: Greifen Sie auf bewährte didaktische Konzepte beim Lernen mit KI wie beispielsweise das Graue-Box-Modell der Chatbot-Didaktik zurück oder nutzen Sie den KI-Lernfahrplan.
Weiterführende Links:
Lernvideo: Der EU AI Act und die Auswirkung auf die Ausbildung
Vortrag: KI Kompetenzen in der Ausbildung
Workshop: KI Kompetenz konkret machen
Blended-Learning-Training: ChatGPT und Chatbots in der Ausbildung nutzen!?