02. Juli 2025
Im Windschatten der digitalen Euphorie um ChatGPT und vergleichbare KI-Systeme kursiert aktuell in deutschen Medien eine alarmierende Studie aus den USA. KI könne zur Verdummung führen, so ein zugespitzter Befund der Autorinnen und Autoren des MIT Media Labs. Besonders problematisch sei dies für junge Menschen, deren Gehirne sich noch in der Entwicklung befinden.
Warum ist das für die Ausbildung wichtig?
Es scheint, dass die geistige Anstrengungsbereitschaft sinkt, wenn KI-Unterstützung vorhanden ist. Das ist natürlich für die Ausbildung fatal. Ausbildungshinhalte werden im Extremfall mit KI-Tools nur noch „scheingelernt“. Diese Gefahr besteht auch, wenn im Betrieb ChatGPT und Co. verboten sind, da diese KI-Systeme problemlos auf dem Handy kostenlos verwendet werden können.
Was zeigt die Studie konkret?
Die MIT-Studie untersucht, wie sich unterschiedliche Vorgehensweisen beim Schreiben von Texten auf das Denken, Lernen und Erinnern auswirken. Probanden, die beim Schreiben ausschließlich auf ihr eigenes Wissen zurückgriffen, zeigten die höchste Gehirnaktivität, besonders in Bereichen für Gedächtnis und kritisches Denken. Bei der Nutzung von Suchmaschinen war die Aktivität bereits etwas reduziert, doch am geringsten war sie bei jenen, die sich komplett auf ChatGPT verließen. Zudem konnten sich diese Probanden später schlechter an ihre Texte erinnern.
Auszubildende sind betroffen
Gerade junge Menschen neigen dazu, kognitive Aufgaben gerne an KI auszulagern. In einer aktuellen Bitkom-Studie gibt ein knappes Viertel zu, Hausaufgaben kaum noch selbst zu machen, sondern von einer Künstlichen Intelligenz lösen zu lassen. Wenn Schülerinnen und Schüler dann in eine Ausbildung einsteigen, könnte sich dieses Verhalten fortsetzen. Hier gilt es aufzupassen: Denn unreflektierte KI-Nutzung ist höchst problematisch.
KI-Malaise: Wenn Unterschiede sich verstärken
„Malaise“ bezeichnet ein Gefühl des Unwohlseins. Der Begriff „KI-Malaise“ ist von der Hypothese der „Videomalaise“ abgeleitet, die in der 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in der Medienwirkungsforschung prominent vertreten wurde. Mit dem Aufkommen des Fernsehens wurde eine zunehmende geistige Passivität befürchtet. Letztlich zeigte sich dieser Effekt auch empirisch in Studien, wenn Lernende das Medium als passive „Beschallung“ genutzt wurde. Wer hingegen Quizsendungen oder Wissensmagazine ansah, wurde aber aktiver und lernte sogar durch das Medium Fernsehen.
Die KI-Malaise greift dieses Muster auf und betont den Effekt, dass beim Verwenden von künstlicher Intelligenz die kognitiven Unterschiede zwischen passiven und aktiven Nutzerinnen und Nutzern verstärkt werden.
Richtiges KI-Nutzenverhalten in der Ausbildung stärken
Die Ergebnisse der Studien zeigen aber nicht nur Gefahren, sondern auch eine Chance: Künstliche Intelligenz ist keineswegs ein Denkverhinderer. Wer zunächst eigenständig reflektiert und KI gezielt zur gedanklichen Erweiterung einsetzt, kann davon profitieren. In diesem Sinne kann KI als ‚kognitiver Brückenbauer‘ und nicht als Denk-Ersatz fungieren. Der Lernerfolg hängt damit von der Nutzungsweise ab. Hier sind die Ausbilderinnen und Ausbilder gefordert:
1. Simple Aufgaben vermeiden
Wenn Auszubildende die Aufgaben einfach „copy-paste“ an ChatGPT delegieren – ohne eigene Vorarbeit, ohne kritisches Hinterfragen, dann verkümmern die kognitiven Fähigkeiten. KI-Internetrecherchen sind deshalb als alleinstehende Aufgaben ungeeignet.
2. KI-Mensch-Kombination fördern
Anders sieht es aus, wenn KI in einen aktiven Lernprozess eingebettet wird: Wer zuerst selbst denkt, und dann ChatGPT als Denkpartner oder Recherchetool nutzt, trainiert seine kognitiven Muskeln. In diesem Szenario wirkt KI wie ein Reflexions-Booster, nicht wie ein geistiges Betäubungsmittel.
Das folgende Beispiel zeigt beide Szenarien auf:
Aspekt | Nicht empfehlenswert | Empfehlenswert |
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Aufgabenstellung |
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Rolle der KI |
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| Lernverhalten |
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Entscheidend ist die didaktische Rahmung
Auszubildende brauchen Führung beim Thema KI-Lernen. Ausbilderinnen und Ausbilder müssen deshalb nicht nur Fachwissen vermitteln, sondern gerade auch den kritischen Umgang mit KI-Tools. Für die didaktische Planung können Sie beispielsweise den KI-Lernfahrplan verwenden.