21. Oktober 2025

KI-Agenten verändern die Ausbildung. Sie übernehmen Routineaufgaben wie Terminplanung oder Angebotsvergleiche, während Auszubildende lernen, den Überblick zu behalten, Entscheidungen zu treffen und mit KI zusammenzuarbeiten. KI-Agenten sind keine Spielerei, sondern Lernpartner, die praxisnah auf die Arbeitswelt von morgen vorbereiten. Entscheidend für die Arbeit mit ihnen sind dabei Praxisnähe, Reflexion und eine klare Rollenklärung. Wer Agenten klug einsetzt, stärkt digitale Kompetenzen, Selbstorganisation und kritisches Denken – die Schlüsselqualifikationen heute und in Zukunft. Wie das funktionieren kann, lesen Sie hier. 

Beispiel aus der Praxis: Anna organisiert ein Meeting mit KI

Anna ist im zweiten Ausbildungsjahr zur Industriekauffrau. Sie bekommt die Aufgabe, ein bereichsübergreifendes Meeting vorzubereiten. Statt alles selbst Schritt für Schritt zu erledigen, setzt sie einen KI-Agenten ein, beispielsweise bei Manus oder Genspark.ai. Dieser Agent übernimmt die Terminkoordination, prüft verfügbare Räume, erstellt eine Agenda auf Basis der letzten Protokolle, versendet diese an alle Teilnehmenden und zieht relevante Dokumente aus dem Intranet.

Anna bleibt die Dirigentin: Sie muss dem Agenten die richtigen Vorgaben geben, die Zwischenergebnisse prüfen und entscheiden, ob der Ablaufplan wirklich zu den Zielen passt. Parallel stimmt sie sich mit ihren Kolleginnen und Kollegen ab, ergänzt fehlende Informationen und passt die Agenda an. Am Ende hat sie nicht nur ein Meeting vorbereitet, sondern gelernt, wie Mensch und KI in einem realistischen Arbeitsszenario zusammenarbeiten.

Solche Situationen machen deutlich: Agenten sind keine Spielerei, sondern praxisnahe Trainingsfelder für einen Arbeitsalltag, wie er Auszubildende wie Anna in Zukunft erwartet. Die Arbeit mit Agenten wird fester Bestandteil der Arbeitswelt der Zukunft sein, in der Projektmanagement, Selbstorganisation und die Orchestrierung von KI-Systemen ineinandergreifen und in der immer mehr auch komplexe Aufgaben autonom von KI-Agenten durchgeführt werden.

Typische Einsatzfelder für KI-Agenten in kaufmännischen Berufen

Anhand des Berufsbildes der Kauffrau / des Kaufmanns zeigen sich viele Einsatzmöglichkeiten, die Agenten zu einem realistischen Trainingsfeld machen:

  • Meeting-Organisation: Ein Agent übernimmt die komplette Planung – er fragt Kalender ab, koordiniert Termine mit Kundinnen wie Kunden, bucht Räume und erstellt eine Agenda. Menschen orchestrieren diesen Prozess, prüfen Zwischenergebnisse und entscheiden über letzte Anpassungen.

  • Bestellwesen und Angebotsvergleich: Ein Agent kann Angebote von verschiedenen Lieferanten einholen, Preise vergleichen und eine Übersicht mit Entscheidungsempfehlungen erstellen. Menschen müssen dabei die Kriterien vorgeben, Ergebnisse kritisch bewerten und die finale Entscheidung treffen.

  • Reisekosten und Spesenabrechnung: Ein Agent sammelt Belege, ordnet sie Projekten zu und erstellt einen Abrechnungsentwurf. Menschen prüfen die Korrektheit, fügen fehlende Informationen hinzu und finalisieren die Unterlagen.

  • Vorbereitung von Präsentationen: Der Agent zieht Kennzahlen aus verschiedenen Quellen zusammen, erstellt erste Foliensätze und Vorschläge für Visualisierungen. Menschen entscheiden, was übernommen wird, und entwickeln die Präsentation weiter.

Von der Praxis zur Didaktik: Was eine Agenten-Didaktik braucht

KI-Agenten sind, wie die oben versammelten Anwendungsfälle zeigen, keine Spielerei für die Ausbildung, sondern ein Vorgeschmack auf die Arbeitswelt von morgen. Wer hier frühzeitig Kompetenzen aufbaut, lernt nicht nur, die entsprechende Technik zu nutzen, sondern erwirbt gleichzeitig wichtige Kompetenzen in Selbstorganisation, Projektarbeit und darin, das eigene Denken und Handeln besser zu verstehen.

Damit das gelingt, braucht es eine klare didaktische Rahmung: Es reicht nicht, Azubis einfach auf Agenten loszulassen bzw. sie in ihrem Einsatz von Agenten allein zu lassen, wie auch schon Wolfgang König in seinem Blogpost schrieb. Ein didaktischer Rahmen kann Überforderung verhindern. Dies ist wichtig, damit Azubis die Komplexität von Mensch-KI-Zusammenarbeit aushalten und sie aktiv gestalten. Folgende Schritte können hier gegangen werden:

1. Klare Rollenklärung

  • Agenten sind Werkzeuge, die ohne ständige Kontrolle mehrere Arbeitsschritte eigenständig ausführen.

  • Azubis bleiben die Verantwortlichen: Sie orchestrieren den Prozess, treffen Entscheidungen und übernehmen die Verantwortung für das Ergebnis.

  • Ausbilder:innen sind Regisseur:innen: Sie gestalten die Bühne, indem sie realistische Projektszenarien für Übungsanlässe entwerfen, Reflexion anleiten und die Azubis auf diese Weise coachen.

2. Schrittweise Kompetenzentwicklung
Eine „Agenten-Didaktik“ kann nicht darin bestehen, sofort mit autonomen Agentensystemen zu starten. Zunächst üben Azubis mit klassischen Large-Language-Modellen (LLMs) wie ChatGPT, präzise Aufgaben zu stellen, Ergebnisse kritisch zu prüfen und Entscheidungen zu treffen. Hier wird also die Basis für die Arbeit mit Agenten gelegt. Erst wenn diese Grundlage sitzt, wird die Komplexität erhöht. Der Agent wird dann bewusst als nächstes Level eingeführt.

3. Lernen, das eigene Denken zu steuern
Agentisches Arbeiten zwingt dazu, sich der eigenen Arbeitsprozesse bewusst zu werden und diese zu reflektieren. Wir als menschliche Partner:innen von Agenten müssen dafür lernen, über unser Handeln und Denken selbst nachzudenken, also sog. Metakognition zu entwickeln. Dabei können die folgenden Fragen als Orientierung dienen:

  • Habe ich den Kontext ausreichend definiert?

  • Habe ich die Arbeitsschritte sinnvoll orchestriert?

  • Wie hat der Agent die Aufgabe umgesetzt und was bedeutet das für meinen nächsten Arbeitsschritt?

Solche Reflexionsschleifen sind zentral, um echte Handlungskompetenz im Umgang mit KI-Agenten aufzubauen.

In der Arbeit mit Agenten erleben Azubis, dass KI-Agenten wie neue Teammitglieder wirken, die eingebunden werden müssen. Wenn plötzlich nicht nur sie allein oder gemeinsam mit Kolleg:innen arbeiten, sondern zusätzlich Agenten hinzukommen, steigt die Komplexität. Das zwingt dazu, Arbeitsprozesse klar zu strukturieren und die eigene Rolle kritisch zu reflektieren. Azubis übernehmen dabei nämlich quasi selbst die Rolle von Ausbilder:innen: Sie behandeln Agenten wie ihre eigenen Azubis, für die sie Verantwortung tragen und die sie anleiten müssen.

Fazit: Mit KI ausbilden heißt, Verantwortung zu gestalten

KI-Agenten sind keine Spielerei, sondern ein Vorgeschmack auf die Arbeitswelt von morgen. In nahezu jedem Beruf werden künftig Aufgaben nicht mehr allein von Menschen und ‚einfachen‘ KI-Chatbots, sondern zunehmend auch von Agenten übernommen. Damit steigt die Komplexität deutlich, denn die Zusammenarbeit mit autonomen Agenten erfordert mehr Reflexion und Verantwortung als der Einsatz ‚klassischer‘ KI-Tools.

Für die Ausbildung heißt das: Azubis müssen lernen, Agenten sinnvoll in ihre Arbeit einzubinden, Kontexte zu klären und Arbeitsprozesse zu orchestrieren. KI-Agenten erweitern die Ausbildung damit nicht um eine weitere Schlüsselkompetenz, sondern machen zentrale Fähigkeiten sichtbar: Arbeitsorganisation, Selbstorganisation, Projektmanagement und die Fähigkeit, das eigene Handeln zu reflektieren, werden in viel stärkerem Maße als bislang erforderlich.

Der Weg zur Arbeit mit KI-Agenten braucht ein behutsames Vorgehen: Erst Grundlagen mit klassischen LLMs, dann Schritt für Schritt Agenten-Einsatz – immer begleitet durch praxisnahe Szenarien, Coaching und Reflexion. Wenn Ausbilder:innen die Bühne bereiten und die Metaebene begleiten, wird die Arbeit mit Agenten zu einem realistischen Trainingsfeld. So lernen Azubis, die neue Komplexität von Mensch-KI-Zusammenarbeit nicht nur auszuhalten, sondern aktiv zu gestalten.

Weiterbildungen und Beiträge zu ähnlichen Themen