28. November 2024
Das Hotel Knorz verbindet Nachhaltigkeit mit praxisnaher Ausbildung: Recycling, Upcycling und Energieeffizienz stehen im Mittelpunkt. Geschäftsführer Christoph Müller spricht im Interview über innovative Projekte, faire Arbeitsbedingungen und wie junge Talente für Ressourcenschonung sensibilisiert werden.
Wie integrieren Sie Nachhaltigkeit in die Ausbildung Ihres Hotels?
Nachhaltigkeit ist ein integraler Bestandteil aller Entscheidungen in unserem Hotel – das gilt auch für die Ausbildung. Unsere Auszubildenden lernen von Beginn an, wie wichtig Recycling, Upcycling, Kompostierung, die Reinigung mit mikrobiellen Mitteln, regionaler Lebensmittelbezug und die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung sind.
Welche Fähigkeiten und Kenntnisse sollen Auszubildende für nachhaltiges Handeln entwickeln?
Nachhaltiges Handeln erfordert ein tiefes Verständnis für den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen. Abfallvermeidung ist zentral: Was nicht vermieden werden kann, sollte wiederverwendet oder effizient recycelt werden. Ziel ist es, einen bewussten Umgang mit allen Materialien und Prozessen zu etablieren.
Gibt es spezifische Projekte für Auszubildende im Bereich Umweltschutz und Ressourcenschonung?
Unsere Auszubildenden werden von der IHK zu EnergieScouts ausgebildet. Dabei analysieren sie unser Gebäude, um Einsparmöglichkeiten zu identifizieren – und finden immer wieder Potenziale, wie die letzte Glühbirne im Heizungskeller, die durch eine LED ersetzt wird.
Wie motivieren Sie junge Mitarbeitende, nachhaltige Werte zu übernehmen und umzusetzen?
Unsere Erfahrungen zeigen, dass die jungen Generationen bereits sehr sensibilisiert für Nachhaltigkeit sind. Zusätzliche Motivation entsteht durch praxisnahe Projekte, die den direkten Nutzen und die positiven Auswirkungen nachhaltigen Handelns verdeutlichen.
Wie wird im Alltag des Hotels darauf geachtet, dass Nachhaltigkeitsprinzipien konsequent angewendet werden?
Wir setzen auf chemiefreie Reinigung mit effektiven Mikroorganismen, wodurch das Putzwasser bedenkenlos zur Bewässerung unserer Beete genutzt werden kann. Unsere Auszubildenden lernen von Anfang an, beim Frühstück Müll korrekt zu trennen – zum Beispiel werden keine Wurst- oder Zitrusfrüchtereste in den Kompost gegeben. Kaffeesatz wird gesondert gesammelt, um als Rasendünger verwendet zu werden.
Weitere Beispiele sind:
Übriggebliebene Brötchen werden zu Snacks verarbeitet oder an einen Hühnerbauern als Futter weitergegeben.
Küchenabfälle werden zukünftig mit einer speziellen Maschine innerhalb eines halben Tages in Dünger verwandelt.
Experimentieren mit Fermentierungsmethoden wie Bokashi, um flüssigen Dünger und Beet-Erde herzustellen.
All diese Maßnahmen vermitteln Auszubildenden das Denken in geschlossenen Kreisläufen.
Welche Rolle spielen soziale Aspekte, wie faire Arbeitsbedingungen, in der Ausbildung?
Faire Arbeitsbedingungen sind uns enorm wichtig. Als Mitglied der „Fair Job Hotels“ bieten wir:
Faire Bezahlung.
Berufsorientierungspraktika für alle Schularten, von der Förderschule bis zum Gymnasium.
Berufspraktika für Gehörlose in Zusammenarbeit mit dem Berufsbildungswerk (BBW).
Seit über 12 Jahren eine Arbeitsstelle für eine schwerbehinderte Person.
Wir sehen Inklusion als selbstverständlich und tragen diese Maßnahmen bewusst nicht als Aushängeschild vor uns her.
Wie unterstützen Sie Ihre Auszubildenden dabei, innovative Ideen zur Nachhaltigkeit einzubringen?
Wir ermutigen unsere Auszubildenden, an Barcamps, Workshops und Online-Seminaren teilzunehmen. Zudem begleiten wir sie zu Veranstaltungen wie Fridays for Future-Demonstrationen, um ein Bewusstsein für nachhaltige Innovation zu fördern.
Welche Herausforderungen sehen Sie in der Umsetzung von Nachhaltigkeit im Ausbildungsalltag?
Zeitaufwendige Maßnahmen wie die Wiederverwendung von Lebensmitteln sind nur umsetzbar, wenn ausreichend Mitarbeitende und Gäste vorhanden sind. Diese Balance wird zunehmend schwieriger.
Welchen Stellenwert hat die Zusammenarbeit mit lokalen oder nachhaltigen Anbietern in der Ausbildung?
Zusammenarbeit ist essenziell: Online-Workshops oder Seminare wären ohne Partner wie GreenSign, die IHK, den Dehoga oder Fair Job Hotels für uns als kleinen Betrieb nicht finanzierbar. Lokale Kooperationen stärken zudem unser nachhaltiges Netzwerk.
Wie können sich Gäste und Kunden davon überzeugen, dass Ihre Nachhaltigkeitsansätze authentisch sind und kein Greenwashing?
Unser Ansatz ist authentisch und durchdringt jeden Winkel des Hotels. Wir verwenden bewusst keine Titel wie „Biohotel“, da wir Nachhaltigkeit als Selbstverständlichkeit sehen. Stattdessen leben und zeigen wir unsere Werte im Alltag, von der Wahl der Materialien bis zu den Prozessen, die für jeden Gast sichtbar sind.
Herzlichen Dank für das Interview
Fotos: Hotel Knorz