Im November 2020 haben wir mit unserem Projektpartner aus Baden-Württemberg einen virtuellen Design Sprint durchgeführt. Innerhalb von nur fünf Tagen entstand aus einem ersten Prototyp ein Qualifizierungsangebot.
Die Idee zur Durchführung fünftägiger Workshops, sogenannte Design Sprints, stammt ursprünglich von Google Ventures. Die Workshops orientieren sich an dem methodischen Vorgehen im Design-Thinking-Prozess und zielen darauf ab, ein Produkt, einen Service oder ein Geschäftsmodell (weiter) zu entwickeln.
Wir haben die Idee auf unsere projektspezifischen Bedarfe angepasst und ein Design Sprint in Form eines Bootcamps durchgeführt. Ein Bootcamp ist eine angeleitete Gruppen-Trainingseinheit und bietet die Möglichkeit, über einen längeren Zeitraum intensiv und fokussiert im Team zu arbeiten.
Bei unserem ersten Bootcamp im November stand zu Beginn lediglich die grobe Idee des „Reverse Mentoring“ im Raum. Beim Reverse Mentoring drehen sich die Rollen des klassischen Mentoring um. Im Ausbildungskontext wird also der oder die Auszubildende zum Mentor und der Ausbilder bzw. die Ausbilderin zum Mentee. Unsere Aufgabe im Bootcamp war es, diese Konzept-Idee zu einem passenden Qualifizierungsangebot für das Ausbildungspersonal zu formen.
Der erste Tag unseres Bootcamps diente dem gegenseitigen Kennenlernen, dem Einstieg in das Thema sowie der Reflexion des bisherigen Design-Thinking-Prozesses: Wer wurde bisher interviewt? Welche Probleme und Bedürfnisse haben die Befragten in den Interviews genannt? Wie kam es zu der Idee des Reverse Mentoring und wie konkret ist sie bereits?
Diese gemeinsame Reflexion führte bereits zu ersten Erkenntnissen, welche methodischen Probleme es noch gibt oder wo Verbesserungen möglich sind. So wurde den Teilnehmenden beispielsweise bewusst, dass die im Design-Thinking-Prozess entwickelte Persona, die die Zielgruppe repräsentiert, kein fixes Gebilde ist. Wie bei einer realen Person ändern sich auch ihre Bedürfnisse und Wünsche im Laufe der Zeit. Daher sollte die Persona im Projektverlauf immer wieder überprüft, erweitert und angepasst werden. Denn je treffender die Persona die Zielgruppe widerspiegelt, desto eher kann sie auch für weitere Problemstellungen verwendet werden.
Wer mit Design Thinking arbeitet, will sich eng an den Bedürfnissen seiner Zielgruppe ausrichten. Im Projekt NETZWERK Q 4.0 führen wir dazu zum einen Nutzerinterviews durch, zum anderen beziehen wir die Ausbildenden in sog. Testings aktiv ein. Während unseres Bootcamps führten wir sechs verschiedene Testings durch – mit Ausbildenden, Experten und Auszubildenden. Ihr Feedback floss in die Weiterentwicklung des Prototyps ein, der auf diese Weise stetig angepasst und optimiert wurde. Während im ersten Testing noch eine Lego-Figur als Anschauungsmaterial diente, tasteten wir uns im zweiten Testing bereits mit einer möglichen Modulstruktur unseres zukünftigen Qualifizierungsangebots an die potenziellen Nutzerinnen und Nutzer heran. Unsere Erkenntnis: Glauben ist nicht wissen! Nur wer mit seinen Nutzerinnen und Nutzern spricht, kann auch deren Sichtweise verstehen und berücksichtigen!
Eine Design Sprint erfordert Fokussierung und die Bereitschaft, sich darauf einzulassen. Während Qualifizierungsangebote auch über Monate hinweg entwickelt werden können, erlaubt der intensive Sprint eine Bündelung von Ressourcen in einem ausgewählten Zeitraum und begünstigt damit schnelle Ergebnisse.
Unser Fazit: Ein Design Sprint bzw. ein Bootcamp erfordert Disziplin und verlangt von allen Mitwirkenden ein hohes Engagement und wenig Ablenkung durch andere Termine oder Themen. Gleichzeitig ermöglicht es ein schnelleres Vorankommen und führt zu erfolgsversprechenden Ergebnissen und einer anderen Form von Teamkultur.
Wie zwei Teilnehmerinnen den Bootcamp erlebt haben, erfahren Sie in diesen Videos.