AUSBILDER 4.0 –

VIRTUELLE BEGLEITUNG UND FÜHRUNG VON AUSZUBILDENDEN

Das Coronavirus führt in Gesellschaft und Arbeitswelt aktuell zu massiven Veränderungen. Auch Sie als Ausbilderinnen und Ausbilder stehen in diesen von Unsicherheit geprägten Zeiten vor vielen neuen Herausforderungen. Wenn Beschäftigte von heute auf morgen ins Homeoffice geschickt werden, ist auch die Begleitung und Führung von Auszubildenden nicht mehr in der gewohnten Weise möglich.

In vielen Branchen und Berufen hat sich die Arbeitssituation mit einem Schlag grundlegend verändert. Aktuelle Zahlen einer repräsentativen Studie des Branchenverbandes Bitkom (2020) zeigen, dass im März 2020 knapp jeder zweite Berufstätige im Homeoffice arbeitet. Im Vergleich zeigen Ergebnisse aus dem Jahr 2018 (Hammermann, Schmidt & Stettes, 2019) dass gerade einmal 22,3 Prozent mobiler Telearbeit nachgingen. Während in einigen Branchen wie der Bauwirtschaft oder der Chemie noch überwiegend vor Ort gearbeitet wird, sind Sie und Ihre Auszubildenden nun vielleicht an verschiedenen Orten oder zu unterschiedlichen Zeiten aktiv. Viele sind inzwischen hauptsächlich digital miteinander vernetzt. Vielleicht ist es sogar das erste Mal, dass in Ihrem Unternehmen Homeoffice überhaupt stattfindet.

Auch wenn Sie im Moment Ihre Azubis virtuell bzw. auf Distanz führen, so bestehen doch viele Ähnlichkeiten zu der gewohnten Führung vor Ort. Als virtuelle Führungskraft leiten und begleiten Sie also Auszubildende, die zwar nicht am gleichen Ort, aber trotzdem am gleichen Ziel arbeiten und die dabei weiter intensiv ihr Ausbildungsziel verfolgen. Wichtiger denn je ist es in dieser ungewohnten und unsicheren Situation, dass Sie Ihren Auszubildenden Orientierung geben.

In diesem Text erfahren Sie, was eine gute virtuelle Führungskraft auszeichnet und wie Sie die Führung und Begleitung von Auszubildenden in der aktuellen Situation gestalten können. Wir zeigen Ihnen einige Grundbausteine (siehe Abbildung) für die virtuelle Zusammenarbeit. Wir möchten Sie mit unseren Tipps unterstützen, damit Sie auch weiterhin erfolgreich Ihre Auszubildenden begleiten und führen können. Im Thema virtuelle Führung steck dabei auch eine Chance auch über die Krise hinaus neue Anregungen in Ihren Arbeitsalltag und die Zusammenarbeit mit Ihren Auszubildenden mitzunehmen.

DIE 5 GRUNDBAUSTEINE ERFOLGREICHER VIRTUELLER FÜHRUNG

1. VER­TRAU­EN

Die Basis einer jeden Zusammenarbeit, ob virtuell oder physisch, bildet Vertrauen. Vertrauen hat eine Menge nachgewiesener Vorteile. So sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen vertraut wird, zufriedener, kooperativer, kreativer und lernbereiter. Kontrollen durch die Führungskraft hingegen gehen mit mehr Konflikten mit der Führungskraft und weniger Zufriedenheit einher. Auch kann Vertrauen geben als eine Art Geschenk gesehen werden, welches durch positive Reziprozität zurückgegeben wird. So ergibt sich eine Win-Win Situation für beide Parteien.

Vertrauen stellt also mehr denn je die Basis der Zusammenarbeit dar. Die zentrale Aufgabe der Ausbilderinnen und Ausbilder ist der Aufbau und die Aufrechterhaltung von Vertrauen zwischen den einzelnen Azubis und Ihnen selbst sowie zwischen den Azubis untereinander. Die räumliche Trennung bei der virtuellen Zusammenarbeit stellt eine besondere Herausforderung dar, denn es fehlen Möglichkeiten, wie z.B. zum gemeinsamen Mittagessen und einem spontanen Austausch auf dem Gang. Die Bedeutung dieser persönlichen Kontakte ist nicht zu unterschätzen. Es ist also wichtig, auch weiterhin Möglichkeiten für persönliche Begegnungen zu schaffen und informellen, spontanen Austausch auch über räumliche Distanz zu ermöglichen.

Weitere Informationen und Checklisten zum Thema „Vertrauensbasierte Führung“ finden Sie auch in dieser Handlungsempfehlung.

2. KOM­MU­NI­KA­TION

Ermöglichen Sie eine intensive Kommunikation zwischen den Auszubildenden und Ihnen. Sie könnten z.B. außerhalb der inhaltlich geprägten Arbeitstreffen auch gemeinsame virtuelle Frühstückspausen etablieren. Dabei ist es wiederrum wichtig, klare Regeln für die Kommunikation und die Kommunikationsräume aufzustellen. Beim Frühstücken werden zum Beispiel keine Arbeitsthemen besprochen.

In den aktuellen Zeiten ist es besonders wichtig, persönliche Kontakte zu den Azubis zu pflegen. Hören Sie sich die Sorgen, Ängste und Wünsche an und gehen Sie darauf ein. Fragen Sie aktiv danach, was die Azubis an Unterstützung zur Umsetzung ihrer Aufgaben benötigen. Geben Sie Orientierung und signalisieren Sie Sicherheit und kommunizieren Sie dieses klar.

Nicht zuletzt fördern und lenken Sie die digitale Zusammenarbeit zwischen den Azubis. Sie könnten gemeinsame Projekte initiieren, die Spaß machen, und die Kreativität fördern. Lassen Sie den Auszubildenden Freiräume, stellen Sie gleichzeitig klare Regeln auf, wann Ergebnisse vorliegen sollen, aber lassen Sie das „Wie“ in der Verantwortung der Azubis. Bieten Sie Ihre Unterstützung jederzeit an.

3. TECH­NI­SCHE AUS­STAT­TUNG

Die technische Ausstattung ist eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche virtuelle Zusammenarbeit. Hier kann gegebenenfalls Ihre IT- oder EDV-Abteilung (wenn vorhanden) oder ein externer Dienstleister helfen. Vielleicht gibt es aber auch besonders digital affine Auszubildende in Ihrem Unternehmen, die bei der technischen Ausstattung helfen können und gute Ideen einbringen. Ein Mix an Kommunikationsmöglichkeiten kann außerdem dabei helfen, unterschiedliche Azubi-Typen anzusprechen. Während die eine lieber telefoniert, fühlt sich der andere in einer Videokonferenz wohler. Auch Chatten oder E-Mails sind weiterhin wichtige Kommunikationsformate.

Um eine gute Kommunikation und virtuelle Zusammenarbeit möglich zu machen, benötigen Sie für die virtuelle Begleitung der Auszubildenden möglicherweise neue digitale Tools. Sogenannte Collaboration Tools bieten viele praktische Funktionen, z. B. für Videokonferenzen oder ein gemeinsames Brainstorming. Wegen der Vielzahl von Angeboten lohnt sich ein genauer Vergleich. Allgemein gilt es, vorher den Bedarf für neue Technologien genau zu bestimmen. Neue Tools, die zu viele Möglichkeiten bieten oder zu kompliziert zu bedienen sind, machen die Zusammenarbeit eher schwieriger. Bei Neuerungen steigt die Akzeptanz beträchtlich, wenn der Mehrwert für alle deutlich gemacht und alle dazu befähigt werden, das Tool zu nutzen. Derzeit gibt es viele kostenlose Angebote, auf die Sie zurückgreifen können. Hier finden Sie eine Checkliste, die Sie bei der Auswahl des für Sie passende Kollaborationstool unterstützen kann: Checkliste „Online-Tools für die virtuelle Zusammenarbeit“.

4. FLE­XI­BI­LI­TÄT UND FREI­RAUM

Die Abläufe im Homeoffice sind andere als im Büro. Arbeit und Privates sind schwerer voneinander zu trennen. Es ist daher wichtig, dass Sie klar kommunizieren, dass Ihre Auszubildenden sich ihre Zeiten gut einteilen und planen sollen. Es ist wichtig für die Gesundheit, genügend an der frischen Luft zu sein, sich gesund zu ernähren und sich Auszeiten zu nehmen. Überlegen Sie hier gemeinsam mit Ihren Azubis, welche Möglichkeiten es gibt und entwickeln Sie gemeinsam Ideen. Gemeinsame bewegte Pausen oder Hinweise auf entsprechende Angebote können hierbei helfen. Auch hier gilt es, Freiräume klar zu kommunizieren, gleichzeitig aber auch Grenzen zu vereinbaren.

5. IN­DI­VI­DU­A­LI­SIE­RUNG

Das „Dach“ des virtuellen-Führungs-Hauses bildet die individuelle Betrachtung eines jeden Auszubildenden. Jeder Auszubildende ist verschieden und hat seine ganz individuelle Persönlichkeit. Während der eine Veränderungen leichtfüßig hinnimmt und aktiv gestaltet, fällt es dem anderen schwerer, sich in unsicheren oder neuen Situationen einzurichten und arbeitsfähig zu bleiben. Zudem mag es dem einen leichter fallen, digital zu kommunizieren und zu arbeiten als dem anderen. Versuchen Sie sich in die Gedanken- und Lebenswelt der Auszubildenden hineinzuversetzen und gehen Sie auf die individuellen Bedürfnisse ein. Manchmal hilft auch eine empathische Annäherung mithilfe einer Empathy Map. Mit Hilfe der Empathy Map können Sie konkrete Bedürfnisse und Wünsche des Azubis ableiten und Ihre eigenes Führungsverhalten entsprechend anpassen.

GEHEN SIE MIT GUTEM BEISPIEL VORAN: GEFRAGTE FÜHRUNGSKOMPETENZEN

Als virtuelle Führungskraft sind für Sie verschiedene Kompetenzen wichtig. Nicht nur Empathie, Kommunikationsstärke und das Delegieren und Koordinieren von Aufgaben. Eine ganz besondere Rolle bei der Führung virtueller Teams spielen sogenannte Digitalkompetenzen, wie Veränderungsbereitschaft, die Affinität zu modernen Kommunikationsmedien und Medienkompetenz.

Damit die Kommunikation mit Ihren Auszubildenden weiterhin gutgelingt, ist es ausschlaggebend als Führungskraft bei der Online-Kommunikation mit gutem Beispiel voranzugehen. Denn wenn Sie trotz moderner Tools nur E-Mails schreiben, werden sich diese auch bei den Teammitgliedern kaum durchsetzen. Speziell in dem Bereich der Kommunikation ist es entscheidend, sich seiner Vorbildwirkung bewusst zu sein. Zur kompetenten Nutzung verschiedener digitaler Medien zählt auch das Verständnis, welches Medium sich für welchen Zweck eignet. Von E-Mails (nur Text), zu Telefon (zusätzlich Stimme und Klang), zu Video (zusätzlich Mimik und Gestik) zu persönlichem Face-to-Face Kontakt (weitere nonverbale Informationen) steigt die Informationsmenge der Medien an.

BESONDERHEITEN VIRTUELLER BEGLEITUNG

Die Herausforderung bei der virtuellen Begleitung von Auszubildenden besteht also vor allem darin, auch unabhängig von räumlicher Nähe, mit ihnen digital vernetzt, erfolgreich zusammenzuarbeiten.

Der Austausch über digitale Medien bietet viele Vorteile, kann aber auch herausfordernd sein. Denn im Gegensatz zu einem persönlichen Gespräch gehen beim häufigen Austausch über Mail oder Chat und sogar beim Telefon oder Videokonferenzen viele sogenannte nonverbale Informationen verloren. Hierzu gehören beispielsweise Gefühle, die Auszubildende durch Mimik oder Gestik ausdrücken, jedoch nicht explizit in Worte fassen. Dies ist ein Grund, warum es schwieriger ist, virtuell eine persönliche Bindung aufzubauen. Durch den digitalen Austausch, aber auch durch kulturelle Unterschiede und unterschiedliche Arbeitsweisen kommt es in der virtuellen Zusammenarbeit leichter zu Missverständnissen und Konflikten als wenn man unmittelbar zusammenarbeitet und sich viele Dinge schnell bei einem kurzen persönlichen Gespräch klären. Gleichzeitig bietet diese Art der Zusammenarbeit aber auch Chancen, weil man seine Kolleginnen und Kollegen in einem ganz neuen Setting und vielleicht auch persönlicher kennenlernt, was wiederum die Vertrauensbeziehung intensivieren kann.

  • Ihre Auszubildenden profitieren sehr davon, wenn Sie diese Besonderheit mit ihnen eingehend besprechen. Insgesamt ist die konstruktive, offene und respektvolle Bearbeitung

Neben allen Herausforderungen, die die aktuelle Situation mit sich bringt, nutzen Sie auch die Chancen, die sich daraus ergeben! Vielleicht nehmen Sie auch über die Krise hinaus neue Impulse mit in Ihren Arbeitsalltag und die Zusammenarbeit mit Ihren Auszubildenden.

LITERATUR

Bitkom, 2020, Corona-Pandemie: Arbeit im Homeoffice nimmt deutlich zu, www.bitkom.org [06.4.2020] Hammermann, Andrea / Schmidt, Jörg / Stettes, Oliver 2019, Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit