13. Oktober 2025
Studienabbrecher:innen sind eine oft übersehene Zielgruppe im Azubi-Recruiting – dabei steckt in ihnen enormes Potenzial. Erfahren Sie, wie Sie mit WHY-Analyse und SMART-Zielen in nur 90 Tagen gezielt neue Talente für Ihre Ausbildungsplätze gewinnen.
Gezieltes Azubi-Recruiting mit WHY-Analyse und SMART-Zielen
Studienabbrecher:innen sind keine neue Zielgruppe – aber eine, die im Ausbildungsmarketing häufig übersehen wird. Dabei bricht rund ein Drittel der Studierenden in Deutschland ihr Studium ab. Das sind jährlich über 120.000 junge Menschen, die sich neu orientieren und positionieren wollen (vgl. Heublein et al. 2022).
Wer hier nicht nur auf lückenlose Lebensläufe, sondern auf Potenziale schaut, erkennt: Diese Gruppe bringt häufig genau das mit, was im Ausbildungsalltag zählt – Reflexionsfähigkeit, Eigenmotivation und die bewusste Entscheidung für mehr Praxis. In Zeiten von Fachkräftemangel lohnt es sich daher, Zielgruppen wie diese spezifisch anzusprechen.
Ein 90-Tage-Projekt zeigt, wie es geht: Mit den 5-WHY-Fragen finden Sie die Ursachen, mit SMART-Zielen legen Sie konkrete Schritte für ein strategisches und wirksames Recruiting fest. Das Beste daran: Dieses Vorgehen eignet sich nicht nur zur Ansprache verschiedenster Bewerberzielgruppen, sondern lässt sich auch auf weitere Bereiche des Ausbildungsmarketings und darüber hinaus übertragen
Wer sind Studienabbrecher:innen – und warum sind sie eine Chance für die Ausbildung?
Studienabbrecher:innen entscheiden sich nach ein oder mehreren Semestern bewusst gegen das Studium. Die Gründe dafür sind vielfältig: falsche Erwartungen, fehlender Praxisbezug, finanzielle Hürden oder der Wunsch nach klarer Struktur und Perspektive.
Was sie gemeinsam haben: Sie sind auf der Suche nach einem neuen, sinnvollen Weg – oft mit einer konkreten Vorstellung davon, was sie nicht mehr wollen. Genau darin liegt eine große Chance für Ausbildungsbetriebe. Studienabbrecher:innen sind oft kurzfristig verfügbar, da sie mitten im Jahr neu starten. Sie bringen Selbstständigkeit und Lernbereitschaft mit – gewohnt, eigenorganisiert zu arbeiten und motiviert, Neues anzupacken. Viele haben zudem fachliches Vorwissen, etwa aus IT, Technik oder Gesundheit, welches die Ausbildungszeit verkürzen kann.
Wer Zielgruppen wie diese ansprechen will, sollte strategisch vorgehen – mit klaren Zielen, passgenauen Maßnahmen und realistischem Zeitrahmen.
Stellen Sie sich dafür zunächst folgende Frage: Haben Sie bereits versucht, neue Zielgruppen für Ihre Ausbildungsplätze zu gewinnen – und wenn ja, mit welchem Erfolg?
Option A: Wenn Sie bereits aktiv geworden sind, Ihre Maßnahmen aber bisher nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht haben, gehen Sie den Ursachen gezielt auf den Grund. Mithilfe der 5-WHY-Fragen können Sie zunächst analysieren, warum Ihre Ansprache nicht funktioniert hat, um daraus konkrete Verbesserungen und SMART-Ziele abzuleiten.
Option B: Falls Sie bisher noch keine gezielten Maßnahmen ergriffen haben, können Sie direkt mit der SMART-Zielsetzung einsteigen. Dabei definieren Sie, wer erreicht werden soll, was diese Zielgruppe braucht und wie Sie diese realistisch und sinnvoll ansprechen – klar, messbar und motivierend.
Option A – Analysieren und verstehen – mit den 5-WHY-Fragen
Sie haben bereits Anzeigen geschaltet oder Social Media betrieben, erhalten aber kaum Bewerbungen? Dann lohnt ein Blick auf die Ursachen. Denn nur wer versteht, warum Maßnahmen ins Leere laufen, kann wirksam gegensteuern. Mit den 5-WHY-Fragen fragen Sie so lange nach dem ,,Warum“ (idealerweise fünfmal), bis der tatsächliche Kern des Problems sichtbar wird. Aus Vermutungen entstehen so klare Erkenntnisse – und damit konkrete Ansatzpunkte für Verbesserungen.
Stellen wir uns folgendes Szenario vor:
Die Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt, weil deutlich weniger Bewerbungen eingehen als erwartet. Sie haben bereits eine Anzeige geschaltet, vielleicht auch Social Media genutzt, aber die Resonanz bleibt enttäuschend.
Dann könnte der WHY-Dialog folgendermaßen aussehen:
WARUM erhalten wir aktuell nur sehr wenige Bewerbungen auf unsere Ausbildungsplätze?
→ Weil unsere Ausschreibung und Maßnahmen nicht genügend Reichweite oder Relevanz bei potenziellen Bewerber:innen erzielen. Die Klickzahlen auf unsere Anzeige sind niedrig, und wir erhalten kaum Rückfragen oder Reaktionen über andere Kanäle.WARUM erzielen unsere Maßnahmen keine ausreichende Reichweite oder Relevanz?
→ Weil unsere Ausschreibung vermutlich nicht alle potenziellen Zielgruppen für den Ausbildungsplatz erreicht.WARUM kommt unsere Ausschreibung nicht bei den potenziellen Zielgruppen an?
→ Weil die Ausschreibung sehr allgemein formuliert ist und sich vor allem an klassische Schulabgänger:innen richtet – während andere Gruppen wie Studienabbrecher:innen oder Quereinsteiger:innen sich darin womöglich nicht wiederfinden.WARUM haben wir die Ausschreibung auf Schulabgänger:innen zugeschnitten?
→ Weil wir davon ausgegangen sind, dass sie unsere Hauptzielgruppe sind – und wir bisher keine konkreten Strategien oder Erfahrungen mit anderen Zielgruppen wie Studienabbrecher:innen haben.WARUM haben wir bisher keine Strategien für diese Zielgruppen entwickelt?
→ Weil wir ihre Potenziale bisher noch zu wenig kennen und keine klaren Vorstellungen davon haben, wie und über welche Kanäle wir sie gezielt erreichen können.
Das Ergebnis lautet demzufolge:
Unsere bisherigen Recruiting-Maßnahmen laufen ins Leere, weil wir potenzielle Zielgruppen wie Studienabbrecher:innen gar nicht erst ansprechen. Um das zu ändern, müssen wir unsere Ansprache strategisch erweitern und gezielter ausrichten.
Spezifizieren und Definieren – mit der SMART-Methode
Ob Sie mit der konkreten Problemstellung aus der vorangegangenen Analyse heraus starten oder erst beginnen zielgerichtete Maßnahmen zu entwerfen: Mit SMART-Zielen schaffen Sie es, von Anfang an fokussiert, überprüfbar und praxisnah zu planen.
SMART steht dabei für folgende Begrifflichkeiten:
Kriterium | Leitfrage |
---|---|
Spezifisch | Was genau wollen Sie erreichen? |
Messbar | Woran erkennen Sie, ob Sie erfolgreich sind und Ihr Ziel erreicht haben? |
Attraktiv | Ist das Ziel motivierend, umsetzbar und sinnvoll für Ihr Unternehmen? |
Realistisch | Kann das Ziel mit den vorhandenen Ressourcen erreicht werden? |
Terminiert | Bis wann soll das Ziel erreicht sein? |
Angenommen, Sie möchten gezielt Studienabbrecher:innen für Ihre Ausbildungsplätze gewinnen, weil Sie darin eine starke und bisher ungenutzte Zielgruppe sehen, dann könnte ein SMART formuliertes Ziel so aussehen:
„Wir möchten innerhalb der nächsten 90 Tage auf Basis einer Zielgruppenanalyse eine überarbeitete Ausbildungsanzeige entwickeln, die gezielt Studienabbrecher:innen anspricht, und diese auf mindestens drei passenden Kanälen veröffentlichen – mit dem Ziel, mindestens zehn qualifizierte Bewerbungen aus dieser Zielgruppe zu generieren.“
Schauen wir uns das Ganze einmal übertragen auf die SMART-Begrifflichkeiten an:
Kriterium | Leitfrage | Konkretisierung |
---|---|---|
Spezifisch | Was genau wollen Sie erreichen? |
|
Messbar | Woran erkennen Sie den Erfolg? | Mindestens zehn qualifizierte Bewerbungen über mindestens drei Kanäle |
Attraktiv | Ist das Ziel sinnvoll und motivierend? | Sinnvoll für das Unternehmen, da neues Potenzial in einer starken, bisher ungenutzten Zielgruppe gesehen wird |
Realistisch | Ist das Ziel umsetzbar? | Machbar innerhalb der Frist mit überschaubarem Aufwand einer Zielgruppenanalyse |
Terminiert | Bis wann wird das Ziel erreicht? | Innerhalb der nächsten 90 Tage |
Mit dieser Methode entwickeln Sie nicht nur ein messbares Ziel, sondern auch eine konkrete Umsetzungsstrategie, die sich überprüfen und bei Bedarf anpassen lässt.
Planen und Umsetzen – mit dem 90-Tage-Ansatz und Tipps
Wenn Ihr Ziel steht, folgt die Umsetzung. Der 90-Tage-Ansatz strukturiert Ihr Vorgehen in drei Phasen – übersichtlich und machbar. Egal ob Sie neu starten oder bestehende Maßnahmen optimieren: Mit diesem Plan setzen Sie Ihr SMART-Ziel Schritt für Schritt um.
Phase 1 (Tage 1-30): Verstehen & vorbereiten
Ziel: Bedürfnisse der Zielgruppe erfassen, geeignete Kanäle identifizieren und Status quo analysieren
Zielgruppenanalyse starten: Welche Studienrichtungen sind besonders von Abbruch betroffen? Welche Berufsfelder passen dazu? Welche Motivationen haben Studienabbrecher:innen?
Tipp: KOFA-Portal oder Daten der Bundesagentur für Arbeit nutzen
Bestehende Anzeigen prüfen: Signalisieren sie Offenheit gegenüber Lebensumbrüchen? Sind Begriffe wie „Studienabbruch“, „Neustart“ oder ,,Umwege im Lebenslauf“ enthalten?
Passende Kanäle definieren (z. B.: Career Center von Hochschulen, Jobmessen mit Fokus auf Neuorientierung, Social Media oder Job- und Karriereportale)
Phase 2 (Tage 31-60): Umsetzen & aktivieren
Ziel: Inhalte erstellen, gezielt veröffentlichen und authentisch kommunizieren
Stellenanzeige überarbeiten mit Call-to-Action: Positive Signalwörter: „Neustart“, „Orientierung“, „Berufliche Klarheit“ oder „Praxis statt Theorie“
Storytelling einsetzen: Erfahrungsberichte von Auszubildenden mit Studienabbruch (Video/ Interview)
Mindestens drei geeignete Kanäle bespielen: Kombinieren Sie Reichweite mit Relevanz (z. B. Instagram-Post + eigene Homepage + Anzeige im Career Center)
Flexiblen Einstieg/ Quereinstieg klar kommunizieren
Phase 3 (Tage 61-90): Testen, optimieren & nachhaltig verankern
Ziel: Wirkung der Maßnahmen messen, Feedback einholen und Prozesse verstetigen
Bewerbungen auswerten: Wie viele kamen aus der Zielgruppe? Welche Kanäle haben funktioniert? Wer wurde eingestellt – und warum?
Feedback einholen: Befragen Sie Bewerber:innen (z. B. im Vorstellungsgespräch): Wie sind Sie auf uns aufmerksam geworden? Was hat überzeugt, was gefehlt?
Prozess anpassen: Erfolgreiches verstetigen, Schwächen optimieren
Studienabbrecher:innen langfristig integrieren: Kooperationen mit Hochschulen und jährliche Strategie-Checks planen
Fazit: Strategisches Recruiting zahlt sich aus
Der Arbeitsmarkt verändert sich – und mit ihm auch die Erwartungen und Lebenswege junger Menschen. Studienabbrecher:innen sind längst kein „Plan B“ mehr, sondern eine wertvolle Zielgruppe mit klaren Werten, Motivation und dem Wunsch nach Sinn und Praxis. Wer Gruppen wie diese gewinnen möchte, muss sich von gewohnten Denkmustern lösen – und aktiv auf sie zugehen.
Das 90-Tage-Projekt kombiniert Analyse und Umsetzung, um gezielt handeln und wirksame Recruiting-Maßnahmen umsetzen zu können:
Sie verstehen, warum Ihre Maßnahmen bisher nicht greifen.
Sie formulieren klare Ziele, die messbar und erreichbar sind.
Sie setzen innerhalb von drei Monaten konkrete, flexible Schritte um.
Ursprungstext mit KI optimiert.
Informationen zum Download
Quellen und weiterführende Links:
Heublein, U. et al. (2022): Zwischen Studienerwartung und Studienwirklichkeit – Ursachen des Studienabbruchs und Möglichkeiten der Prävention. Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW).
Online verfügbar unter
Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher - KOFA
Studienabbrecher für die Ausbildung gewinnen - IHK Region Stuttgart
Probleme während des Studiums: Was jetzt? | Bundesagentur für Arbeit