30.05.2025

Die Ausbildung ist eine intensive Zeit – für junge Menschen genauso wie für Ausbilderinnenund Ausbilder. Zwischen Leistungsdruck, Unsicherheiten und den Anforderungen einer neuen Generation stoßen beide Seiten oft an ihre Grenzen. Resilienz – also die Fähigkeit, mit Belastungen umzugehen, ohne daran zu zerbrechen – wird damit zur Schlüsselkompetenz in der Ausbildung. Im Beitrag erfahren Ausbilder:innen, wie sie ihre eigene Resilienz stärken und gleichzeitig ihre Azubis dabei unterstützen können, mit Herausforderungen souverän umzugehen.

Was bedeutet Resilienz?

Der Begriff „Resilienz“ stammt ursprünglich aus der Materialkunde: Ein Stoff gilt als resilient, wenn er sich nach einer Verformung wieder in seine Ursprungsform zurückbewegt. Übertragen auf Menschen bedeutet das: Wir bleiben nicht unversehrt – aber wir richten uns wieder auf.

Resilienz heißt nicht, keinen Stress zu empfinden. Im Gegenteil – Stress ist notwendig, um leistungsfähig und handlungsbereit zu bleiben. Doch es kommt darauf an, wie wir mit stressigen Situationen umgehen – ob wir innerlich verhärten oder dehnbar bleiben. Resilienz ist dabei keine Luxusfähigkeit, sondern eine zentrale Kompetenz für den Ausbildungsalltag.

Warum Resilienz in der Ausbildung so entscheidend ist

Für viele junge Menschen ist die Ausbildung der erste intensive Kontakt mit der Arbeitswelt – und damit auch mit deren Herausforderungen. Sie sehen sich plötzlich konfrontiert mit:

  • Neuen Leistungsanforderungen

  • Zeit- und Prüfungsdruck

  • Kritik und Feedback

  • Unsicherheit über Erwartungen

  • Persönlichen Belastungen wie finanziellen Sorgen oder familiären Problemen

Wenn es an Resilienz fehlt, kann das schnell zu Überforderung, Rückzug oder sogar einem Ausbildungsabbruch führen.

Doch nicht nur die Auszubildenden stehen unter Druck: Auch Ausbilder:innen sind gefordert, ihre eigene Resilienz zu stärken, um souverän, empathisch und stabil durch herausfordernde Situationen zu führen und ihre Azubis bestmöglich zu begleiten.

Welche Arten von Resilienz sind in der Ausbildung besonders wichtig?

In der Ausbildung wirken verschiedene Formen von Resilienz zusammen. Sie alle tragen dazu bei, dass Sie gemeinsam mit Ihren Azubis die Herausforderungen gesund und konstruktiv bewältigen können:

  1. Emotionale Resilienz
    Die Fähigkeit, mit negativen Gefühlen wie Angst, Frustration oder Enttäuschung umzugehen.
    → Beispiel: Ein Azubi bleibt trotz Kritik ruhig und sucht aktiv nach Lösungen.

  2. Mentale Resilienz
    Die Fähigkeit, unter Druck klar zu denken, Prioritäten zu setzen und lösungsorientiert zu handeln.
    → Beispiel: In stressigen Prüfungssituationen den Überblick behalten.

  3. Soziale Resilienz
    Die Fähigkeit, Unterstützung zu suchen und stabile Beziehungen zu pflegen.
    → Beispiel: Ein Azubi spricht offen mit Kolleg:innen über Überforderung.

  4. Körperliche Resilienz
    Die Fähigkeit, körperliche Belastungen zu verkraften und durch gesunde Lebensweise Stress abzubauen.
    → Beispiel: Ausreichend Schlaf, Bewegung und Ernährung als Basis für Leistungsfähigkeit.

  5. Organisationale Resilienz (für Ausbildungsbetriebe)
    Die Fähigkeit eines Unternehmens, auf Veränderungen flexibel zu reagieren und Mitarbeitende zu stärken.
    → Beispiel: Einführung von Feedbackkultur, Mentoring-Programmen oder flexiblen Lernzeiten.

Vier praktische Methoden zur Förderung von Resilienz in der Ausbildung

Resilienz ist kein angeborenes Talent – sie lässt sich trainieren. Und dafür braucht es nicht immer aufwendige Programme. Schon kleine Impulse und einfache Methoden im Alltag können große Wirkung entfalten – sowohl für Auszubildende als auch für Ausbilder:innen.

1. Lösungsfokussiert fragen – den Blick auf das Machbare richten

Viele Gespräche drehen sich um Fehler und Probleme. Ein bewusster Perspektivwechsel kann helfen, Ressourcen zu aktivieren:
Statt „Warum hat das nicht geklappt?“ lieber fragen:

  • „Was hat dir in ähnlichen Situationen geholfen?“

  • „Welche deiner Stärken kannst du gerade nutzen?“

Solche Fragen fördern Selbstwirksamkeit, stärken das Vertrauen in eigene Fähigkeiten und lenken den Fokus auf Lösungen. Auch Ausbilder:innen profitieren von dieser Haltung.

2. Stärken sichtbar machen – Potenziale nutzen

Resiliente Menschen kennen ihre Stärken – und setzen sie gezielt ein. Eine einfache Übung dafür: das Stärkenrad.
Lassen Sie Auszubildende ihr eigenes Stärkenrad zeichnen und ausfüllen. Besprechen Sie gemeinsam Fragen wie:

  • „Welche Stärke hat dir zuletzt geholfen, mit einer schwierigen Situation umzugehen?“

Diese Reflexion hilft, sich in belastenden Momenten auf vorhandene Ressourcen zu besinnen.

3. 3-Minuten-Resilienzcheck – kurz innehalten, viel gewinnen

Eine kurze Selbstreflexion kann helfen, Stress frühzeitig wahrzunehmen und gegenzusteuern. Drei Fragen genügen:

  • Wie fühle ich mich gerade?

  • Was brauche ich in diesem Moment?

  • Was kann ich aktiv tun, um mir zu helfen?

Diese Fragen lassen sich allein oder gemeinsam mit Azubis regelmäßig stellen – etwa zum Start in den Tag oder nach herausfordernden Situationen.

4. Soziale Resilienz stärken – Verbindung schützt

Resilienz ist keine Einzelleistung. Soziale Unterstützung spielt eine zentrale Rolle. Fördern Sie gezielt den Austausch im Team, zum Beispiel durch:

  • Peer-Mentoring

  • Lernpartnerschaften

  • Check-in-Rituale oder

  • einen „Resilienz-Buddy“, mit dem regelmäßig kurz über das Befinden gesprochen wird.

Solche Mikro-Impulse schaffen Verbindung, stärken das Miteinander – und fördern ganz nebenbei die seelische Widerstandskraft.

Resilienz als Haltung – relevant für alle im Unternehmen

Resilienz ist keine exklusive Kompetenz für Führungskräfte oder Gesundheitsbeauftragte. Sie betrifft alle Mitarbeitenden – unabhängig von Position oder Verantwortung. Denn wer innerlich stabil und zugleich anpassungsfähig bleibt, kann mit Veränderungen souveräner umgehen, Konflikte konstruktiv lösen und aktiv zur Gestaltung von Wandel beitragen.

Dabei steht nicht die Steigerung von Effizienz im Mittelpunkt – sondern ein nachhaltiger Umgang mit sich selbst und anderen: im Denken, Fühlen und Handeln.

 

Resilienz lässt sich trainieren – für eine starke Ausbildungszukunft

Resilienz ist keine unveränderliche Eigenschaft, sondern eine Haltung und Fähigkeit, die sich gezielt stärken lässt – wie ein Muskel. Je früher Sie diese im Ausbildungsalltag fördern, desto besser sind Ihre jungen Fachkräfte auf die Herausforderungen der Arbeitswelt vorbereitet. Wer Resilienz lebt und weitergibt, bleibt selbst gesünder, handlungsfähig und wirksam im Umgang mit den Anforderungen des Berufsalltags.

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