Unser Q 4.0 Talk "Ausbildung neu denken" fand vergangene Woche mit knapp 30 Teilnehmenden statt. Der Fokus lag diesmal insbesondere auf der neuen generalisierten Pflegeausbildung – und wir konnten wieder einmal vielschichtige sowie umfangreiche Erkenntnisse gewinnen.
Nach einer Einführung und Begrüßung durch den Medienpädagogen Jascha Bürki sprach Andrea Westphal vom Projekt NEKSA an der Brandenburgische Technischen Universität Cottbus-Senftenberg in einem Impulsvortrag über die Neugestaltung der Pflegeausbildung und den aktuellen Forschungsstand hinsichtlich des Berufes, der inhaltlichen Ausrichtung, der Ausbildungsorganisation sowie der neuen Abschlussprüfung. Sie betonte, dass der Grund der Umgestaltung der enorme Fachkräftemangel in der Branche sei. Dieses Problem soll durch eine Basisausbildung mit anschließender Spezialisierung behoben werden. In diesem Zusammenhang machte sie deutlich: „Veränderung bedeutet Chance!“
Im anschließenden Praxisbericht schilderte Mitreferentin Lisa Schmidt, die 2020 ihre Ausbildung in den Sana Kliniken Lübeck GmbH erfolgreich absolviert hat, ihre durchwachsene Erfahrung. So gab es große Unterschiede zwischen Theorie und Praxis und auch die Einbindung der Auszubildenden in die Arbeitsabläufe wurden von ihr bemängelt: „Die Auszubildenden werden auf die Praxis nicht vorbereitet!“
Schmidt wünscht sich eine bessere Absprache zwischen Schule und Krankenhaus sowie mehr Unterstützung für Auszubildende. Sie hätte gerne schneller Verantwortung übernommen, um die Theorie erfolgreich in die Praxis umsetzen zu können. Gleichzeitig lobt sie jedoch die Praxisüberprüfung und das Üben praktischer Fähigkeiten. In der Schule wurde beispielsweise ausreichendes Material zum Üben bereitgestellt, was für die Abschlussprüfung eine Erleichterung darstellte. Schlussendlich betonte sie, dass es wichtig sei, die Ausbildung zur Pflegekraft attraktiver zu gestalten, um mehr Menschen für diesen Beruf zu gewinnen: „Wir brauchen schließlich Pflegekräfte!“
Im anschließenden Austausch mit den Teilnehmenden wurden weitere Ansätze aufgegriffen. Ein Teilnehmender bemängelte beispielsweise, dass die Schwerpunkte der neuen Ausbildung zu wenig auf anatomisches Hintergrundwissen und die Wahrnehmung der Menschen gelegt werden. Zudem führe die Koordination der Praxiseinsatzstellen zu „Kompetenzgerangel“ zwischen Schule und Betrieb.
Ein Kulturkampf zwischen Kliniken und stationärer Pflege wird ebenso wahrgenommen, da die beiden Bereiche unterschiedliche Vorstellungen von der "echten Pflege" haben. Auch wurde im Austausch die Spaltung zwischen Theorie und Praxis als ein Problem registriert.
Wie das besondere Finanzierungsmodell der Pflegeausbildung bei allen Beteiligten angenommen wird, erzählte Westphal aus ihren bisherigen Erfahrungen: Das Finanzierungsmodell der Pflegeausbildung wird insgesamt begrüßt, weil es erstens eine höhere Bereitschaft zur Ausbildung gebe und zweitens das Geld sowohl für die Ausbildung als auch für die Auszubildenden genutzt werden könne. Jedoch gebe es noch einige Schwierigkeiten bei formellen Angelegenheiten, wie zum Beispiel die Antragstellung.
In dem Prozess der neuen generalistischen Ausbildung gibt es also noch einige Baustellen, die bedacht werden müssen. Auf die Frage, inwieweit noch weiter in der Ausbildung neu gedacht wird, gab Andrea Westphal eine abschließende und entscheidende Antwort: „Wir müssen Weiterbildung neu denken – gerade für Spezialgebiete hinsichtlich der Digitalisierung. Ich glaube, da kann wahnsinnig viel neu gedacht werden!“